Zum Tod von Kirk Douglas Spartacus ist tot

Los Angeles · Der große Schauspieler Kirk Douglas ist 103-jährig in Beverly Hills gestorben. Sein Leben war reich und abenteuerlich wie ein Film.

Kirk Douglas: Hollywood-Legende im Alter von 103 Jahren gestorben
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Die Hollywood-Legende Kirk Douglas ist gestorben

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Foto: dpa/Wally Fong

Unter den vielen tollen Szenen im Werk von Kirk Douglas ist diese die beste: Als Spartacus zettelt er in Stanley Kubricks Monumentalfilm aus dem Jahr 1960 den Aufstand der Sklaven im Alten Rom an. Aber die entscheidende Schlacht geht verloren und nun sitzen er und sein Heer in Ketten da, in Erwartung des sicheren Todes. Die römischen Imperatoren machen ein überraschendes Angebot, die Sklaven werden mit dem Leben davonkommen, wenn sie auf ihren Anführer zeigen. Kirk Douglas will sich gerade zu erkennen geben, als hinter und neben ihm ein Mann nach dem anderen aufsteht und ruft: „Ich bin Spartacus!“. Am Ende steht ein Chor da, „Ich bin Spartacus“, rufen die Geschlagenen. Die Kamera fährt über die schroffe Gesichtslandschaft von Douglas, sein Kinn mit der markanten Kerbe bebt, und genau im richtigen Moment rollt eine Träne aus seinem linken Auge. Gänsehaut, Seufzen, Nicken: Wir sind Spartacus!

Kirk Douglas ist tot, er wurde 103 Jahre alt – und dieses Leben war so reich und voller unglaublicher Geschichten, man kann es kaum fassen. 1958 zum Beispiel, da lud ihn der Produzent Michael Todd, der auch der Ehemann von Liz Taylor war, zu einem Trip in seinem Privatflugzeug ein. Douglas wollte natürlich, aber seine Frau Anne bat ihn abzulehnen. Diese Privat-Flieger waren ihr nicht geheuer. Douglas blieb also am Boden, das Flugzeug startete ohne ihn. Es stürzte ab, alle Insassen starben.

Tod von Kirk Douglas - So trauern Familie und Freunde um ihn
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Kirk Douglas war die letzte Brücke zu Hollywoods Goldenem Zeitalter. Er begann seine Karriere in den frühen 1940er Jahren, als Stars wie Clark Gable und Spencer Tracy das Kino regierten. Allesamt Namen von Sternen aus einer anderen Galaxie. Er drehte mit den Regisseuren Billy Wilder, Vincente Minnelli und Elia Kazan und er positionierte sich in dieser Gesellschaft mit seinem muskulösen und ultrapräsenten Spiel als Alternative. Er war unabhängiger und abenteuerlustiger, und er hatte eine Vorliebe für Schurken und Gauner, durch deren harte Schale die Menschlichkeit leuchtete. „Tugend“, sagte er, „ist nicht fotogen.“

Er war ein Vorbereitungsfanatiker, für seinen Durchbruch, den Boxer-Film „Champion“ aus dem Jahr 1949, verbrachte er Monate im Ring, für den Western „Zwei rechnen ab“ (1957) lernte er, eine Kutsche mit sechs Pferden zu lenken. Und als er 1956 Vincent van Gogh in „Ein Leben in Leidenschaft“ spielte, drohte er in der Rolle zu verschwinden, so sehr war er in dieser Zeit tatsächlich und mit Haut und Haar der Maler. Keiner konnte so wunderbar leiden wie er: In „Reporter des Satans“ (1951) wird er mit Scheren gequält, in „Spartacus“ gekreuzigt. Er balancierte in seinen Rollen das Virile gegen das Melancholische aus, und er kämpfte hinter der Kamera für seine Vorstellungen, die der gängigen Praxis des mächtigen Studiosystems oft entgegenstanden.

Schon in den 1950er Jahren gründete er seine eigene Produktionsfirma und beteiligte sich an der Entstehung seiner großen Filme, etwa an dem Kriegsfilm „Wege zum Ruhm“ unter der Regie von Stanley Kubrick. Er pfiff auf die damals in Hollywood als Gesetz geltende Schwarze Liste, auf der Namen von Autoren standen, die angeblich Kommunisten waren und nicht beschäftigt werden sollten. So gewährte er dem Drehbuchautor Dalton Trumbo prominent seine Credits im Abspann von „Spartacus“. Man prophezeite Douglas danach, er werde in Hollywood kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Aber das Gegenteil trat ein: Douglas half mit, die Praxis der Ausgrenzung zu überwinden.

Er suchte das Neue. Er produzierte Fernsehfilme, begann in den 1970er Jahren erfolgreich, Bücher zu schreiben, und wenn er selbst etwas nicht zum Erfolg bringen konnte, blieb der Ruhm halt in der Familie. Jahrelang hatte Kirk Douglas versucht, „Einer flog über das Kuckucksnest“ zu verfilmen. Er hatte die Hauptfigur des McMurphy bereits am Broadway gespielt, aber auf der Leinwand wollte es nicht klappen. Als er meinte, zu alt für die Rolle zu sein, überließ er seinem Sohn Michael Douglas das Buch. Der produzierte den Film 1975, engagierte Jack Nicholson und gewann fünf Oscars. Er zahlte seinem Vater die Anteile an dem Erfolg, es soll so viel Geld gewesen sein wie für keinen Film zuvor, doch Kirk Douglas sagte, er hätte gerne auf die Dollars verzichtet, wenn er nur die Hauptrolle hätte spielen können.

Kirk Douglas wurde als Sohn russischer Immigranten unter dem Namen Issur Danielovitch in Amsterdam, New York geboren. Die Familie war jüdisch, der Vater ein brutaler Trinker, und einmal wehrte sich Douglas gegen ihn und schüttete ihm heißen Tee ins Gesicht. „So etwas Mutiges habe ich in keinem meiner Filme getan“, schrieb er über diesen prägenden Moment. Über Rollen am Broadway kam er nach Hollywood, dieser Ort war männerdominiert und ziemlich breitbeinig, es war die Zeit vor MeToo. Douglas werden Affären mit Filmpartnerinnen nachgesagt, darunter auch Marlene Dietrich. Nach einer gescheiterten Ehe heiratete er 1954 die aus Hannover stammende Anne Buydens, mit der er bis zuletzt zusammenblieb und eine Stiftung gründete, die viel Geld etwa für benachteiligte Kinder sammelte.

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Foto: AP/Carlo Fumagalli

Douglas spielte leidenschaftlich; so wie er agieren Schauspieler heute nicht mehr. Alles war too much und sehr intensiv. Er kämpfte sich nach Schlaganfällen zurück, er überlebte 1991 einen Hubschrauber-Absturz. Zuletzt klagte er über Mühen und Einsamkeit des Alters. Dreimal war er für den Oscar nominiert, für „Champion“, „Stadt der Illusionen“ und „Leben in Leidenschaft“, bekommen hat er ihn 1996 fürs Lebenswerk. Vielleicht ist das der Oscar, der ihm am ehesten entspricht.

Gut möglich, dass zu seinem Empfang die alten Kumpels am Himmelstor warten: Burt Lancaster, Steve McQueen, Paul Newman und Gregory Peck. „Hast Dir ganz schön Zeit gelassen“, scherzen sie womöglich, und sicher antwortet Douglas mit dieser Mischung aus Weisheit und Verschmitztheit, die nur jemandem gut steht, der das Leben trotz allem sehr liebt: „Jungs, ich gebe euch einen Rat, werdet nicht alt.“

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