Film-Kritik Wo die Liebe hinfällt: Dad oder Sugardaddy?

In den Sechzigern, als man noch gegen die ältere Generation rebellieren konnte, machte Dustin Hofman eine "Reifeprüfung", und entführte nach einer Affäre mit der gelangweilten Mrs. Robinson deren süße Tochter vom Traualtar. Die Komödie "Wo die Liebe hinfällt" setzt 30 Jahre später die "Robinson"-Tradition fort.

Wo die Liebe hinfällt - basierend auf einem wahren Gerücht
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Wo die Liebe hinfällt - basierend auf einem wahren Gerücht

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Foto: 2005 Warner Bros. Ent.

Gottlob erweist sich die am 22. Dezember anlaufende Komödie als nicht ganz so spießig wie ihr Titel. (Wer ist eigentlich für die bisweilen unsäglichen deutschen Filmtitel-Übersetzungen zuständig?). Nach einem kurzen Rückblick auf die mysteriöse "Robinson"-Vorgeschichte beginnt die Handlung im Jahre 1997 mit einem missglückten Quickie in der Flugzeugtoilette. Beteiligte sind die New Yorker Journalistin Sarah Huttinger und ihr Verlobter Jeff, die zur Hochzeit von Sarahs Schwester ins heimatliche Pasadena nach Kalifornien fliegen. Dort erfährt Sarah zufällig, dass ihre verstorbene Mutter das heimliche Vorbild für jene kirchenflüchtige junge Dame aus dem Filmklassiker "Die Reifeprüfung" war. Folglich muss Sarahs Oma die Anne-Bancroft-Rolle inspiriert haben.

Und weil die raubauzige Katharine, die auf gar keinen Fall Großmutter genannt werden will, wie einst Mrs. Robinson immer noch dem Alkohol zuspricht, ist der Fall klar. Doch wer ist der Student in der Dustin-Hoffman-Rolle, der zugleich Mutter und Tochter becircte? Sarah findet heraus, dass die wahre Geschichte einen anderen Ausgang nahm als im Film. Kurz entschlossen setzt sie ihren netten Verlobten in den Flieger zurück nach New York, um in San Francisco einem gewissen Beau Burroughs auf den Zahn zu fühlen - und mit null Gewissensbissen dem familiären Wiederholungszwang anheim zu fallen.

Shirley MacLaine als zynische Oma

Regisseur Rob Reiner, der mit "Harry und Sally" einst ebenfalls Kinogeschichte schrieb, versieht seine Romantik-Komödie mit treffsicheren Dialogen und boshaften Seitenhieben auf die hedonistische kalifornische Gesellschaft, in der sich die neurotische Sarah, weder blond noch Tennisspielerin, wie ein Alien fühlt. Ihre hysterisch fröhliche Schwester dagegen ist scheinbar im Tennisdress geboren, und die Golden Girls der Verwandtschaft haben stets einen Cocktail in der wohlmanikürten Hand. Und wenn zur Melodie von Simon & Garfunkels Filmsong "Mrs. Robinson" Sarah die Augen aufgehen, freut man sich auf noch mehr Bissigkeiten.

Doch wie so oft bricht die Komödie im letzten Drittel ein und schleppt sich zäh und einfallslos auf das erwartete Ende zu, das erheblich moralinsaurer ausfällt als das Vorbild. Über Gebühr wird etwa der ungute Verdacht strapaziert, dass Beau Sarahs Vater sein könnte. Und wenn Shirley MacLaine als zynische Oma wie ein Roboter ätzende Bonmots über Männer ausspuckt, ist auch das kaum abendfüllend. Als Nachteil erweist sich überdies, dass die aparte Jennifer Aniston nicht über das Stadtneurotikerinnen-Image aus der TV-Serie "Friends" hinauskommt und ihre Rolle als junge Frau in ernster Identitätskrise zu zappelig anlegt.

Doch die Fallen einer konservativen Umschreibung des frechen Originals zeigten sich vor allem in den langen Gesichtern der Filmbesucherinnen. Angesichts der knackig ausgemalten Oldies wirkt der Ausgang der Geschichte nicht nur einschläfernd banal, sondern aus weiblicher Sicht geradezu absurd. Man stelle sich eine Frau vor, die die Wahl hat zwischen einem coolen Sugardaddy, der eine Villa mit Pazifik-Blick, ein Privatflugzeug und einen Weinberg sein Eigen nennt und aussieht wie Kevin Costner - und einem Verlobten, so prickelnd wie ein Paar warme, selbst gestrickte Skisocken. Also mal ehrlich!

(ap)
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