Kinofilm "Der Große Gatsby" Trotz DiCaprio: Durchwachsenes Hochglanz-Epos
Düsseldorf · Zahlreiche Hollywoodstars, ein Roman-Klassiker als Vorlage und ein erfahrener Regisseur: Der Film "Der Große Gatsby" hat beste Voraussetzungen für großes Kino. Die Erwartungen kann er aber nicht erfüllen, der Film bietet lediglich nette Unterhaltung.

Der große Gatsby: 3D-Epos mit Starbesetzung
Schnelle Schnitte, wilde Kamerafahrten, poppige Musik, große Emotionen — verpackt in klassischen Geschichten. Wer die bisherigen Filme von dem australischen Regisseur Baz Luhrmann kennt, weiß zumeist, was er bekommt. Abgesehen von dem Liebesepos "Australia" wurde der 50-Jährige bei seinen Werken wie "Moulin Rouge!" oder "William Shakespeare's Romeo & Julia" seinem Ruf als führender Filmemacher der MTV-Generation in den vergangenen Jahren gerecht. Es schien nur allzu passend, als bekannt wurde, dass Luhrmann den weltbekannten Roman "Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald, also amerikanisches Kulturerbe, verfilmen wird.
Und in den ersten sechzig Minuten von dem 142-Minuten-Epos verführt der Australier den Zuschauer nach allen Regeln seiner Kunst: Die "Roaring Twenties" werden als einzige Feierorgie präsentiert, der Film geizt nicht mit ausufernden Kamerafahrten, schier überquillenden Farben und protziger Filmmusik. Die 3D-Effekte kommen derweil ein wenig zu kurz, aber das ist bei dem Spektakel nur ein Nebenaspekt.
Der geheimnisvolle Mr. Gatsby
So vergeht die Exposition wie im Flug: Nick Carraway (Tobey Maguire), ein junger Yale-Absolvent, zieht nach New York in ein Haus auf Long Island. Sein Nachbar: Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio), ein mysteriöser Millionär, der in seiner Prachtvilla opulente Partys schmeißt. Auf der anderen Seite des Ufers leben Nicks Cousine Daisy (Carey Mulligan) und deren blaublütiger Gatte Tom Buchanan (Joel Edgerton). Nach einer wilden Feier mit Tom, dessen Affäre (Isla Fisher) und diversen anderen Unbekannten ist klar — die Ehe von den Buchanans hat auch schon bessere Zeiten erlebt.
Das rückt aber schnell in den Hintergrund, als Jungspund Nick, der die Erzählerrolle einnimmt, eine Einladung zu einer von Gatbys legendären Feiern bekommt. Es ist seine Chance, dem Mythos Gatsby näher zu kommen. Gerüchte gibt es nämlich viele, die Wahrheit, so stellt sich heraus, dreht sich aber letztlich um Nicks verheiratete Cousine. So nimmt die Tragödie ihren Lauf.
"Spektakuläre Bilder, solide Figuren"
Mit dem Verlust der anfänglichen Unbefangenheit verliert der Film in der Folgezeit zusehends an Fahrt. Je mehr die Figuren und Handlung in den Fokus rücken, desto weniger funktioniert das Epos. Ein Hauptproblem dabei: Die Geschichte ist größtenteils bekannt und wird auch so präsentiert. Luhrmann gibt dem Film keine weitere Dimension — die optischen Reize nehmen zum Ende hin ab. Zwar zeigt das Starensemble eine ordentliche Leistung, aber selbst DiCaprio kann mit seiner ambivalenten Figur keine echte Sympathie ausstrahlen. Maguire fasst es allzu passend wie folgt zusammen: "Der Film bietet schöne und spektakuläre Bilder, aber auch solide Figuren."
Der Film hält sich zwar an die literarische Vorlage, die Eleganz des Romans besitzt das Hollywoodwerk aber nicht. Die sozialkritischen Aspekte kommen größtenteils zu kurz, die Liebesgeschichte zwischen Gatsby und Daisy sticht doch deutlich heraus.
Dass sich ein Film von der literarischen Vorlage erfolgreich emanzipieren kann, ist bekannt. Und auch in "Der Große Gatsby" gelingen ein paar wenige Szenen nach der furiosen Anfangsstunde: Etwa wenn sich der Film zwischen erneuter Ekstase und aufkeimender unterschwelliger Angst bewegt. Diese Sequenzen treffen den Zuschauer in dem Hochglanz-Epos mit großer Wucht — zeigen sie doch die Diskrepanz zu der im Werk präsentierten oberflächlichen Gesellschaft.
Hip-Hop trifft Jazz-Ära
Neben Regisseur Luhrmann fällt ein weiterer Verantwortlicher in dem Blockbuster schwer ins Gewicht: Shawn Carter, alias Jay-Z. Dessen Mitwirken macht tatsächlich einen großen Unterschied aus, bei den zahlreichen Musikstücken während des Films ist dies deutlich zu bemerken. Die "Roaring Twenties" werden mit deftiger Hip-Hop-Musik (von und mit dem Produzenten) untermalt, an einer Stelle ist eine Version von "Crazy in Love" zu hören — im Original von Beyonce Knowles gesungen, der Ehefrau von Jay-Z.
In solchen Situationen kommen die wirtschaftlichen Machtspielchen unangenehm ans Tageslicht. Der Soundtrack ist zwar unterhaltsam, aber schlichtweg unpassend und geradezu ärgerlich.
Und so bleibt am Ende die Erkenntnis, dass man sich auf Baz Luhrmann tatsächlich verlassen kann. Schnelle Schnitte, wilde Kamerafahrten, poppige Musik bekommt man auch bei "Der Große Gatsby" geboten. Emotional kann es den Zuschauer aber nur selten erreichen.