"The Interview" im Kino So viel Rummel hat dieser Film nicht verdient

Düsseldorf · Trotz Drohungen aus Nordkorea kommt "The Interview" nun ins Kino. Zu besichtigen ist eine ziemlich alberne Produktion. Viel Lärm um nichts, hätte Shakespeare wohl gesagt.

Fotos aus Nordkorea-Komödie aus "The Interview"
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Kim Jong Un mag bunte Cocktails, plaudert wie Oprah Winfrey und spielt ganz annehmbar Basketball. Manchmal, wenn ihn Melancholie überkommt, kriecht er in Stalins alten Panzer und hört dort Katy Perrys "Firework". Nordkoreas Großer Führer sucht sein Heil in westlicher Pop-Küchenpsychologie. Zumindest schlägt das die brachiale Actionkomödie "The Interview" vor. Wenn es mal so einfach wäre.

Der ganze Presserummel um "The Interview" ist viel spannender als der Film selbst. Nach einem Hackerangriff auf den Verleih im Dezember und Nordkoreas Drohungen an die USA sagte Sony den Starttermin ab. Nur um ihn dann nach einem Sturm der Entrüstung in den USA doch noch in unabhängigen Kinos zu zeigen. Die Amerikaner gingen fleißig hin, weniger aus Interesse am Film als aus Prinzip. Niemals hätte Sony sich so eine PR selbst zusammenbasteln können.

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TV-Moderator Dave Skylark (James Franco) und sein Programmchef Aaron Rapaport (Seth Rogen) holen normalerweise Promis wie Eminem vor die Kamera. Aber nun will Dave in die hohe Politik.

Da trifft es sich gut, dass Kim Jong Un (US-Comedian Randall Park) ein Riesenfan der Skylark Show ist und die zwei zum Live-Interview auf sein Anwesen einlädt. Die Chance kann sich der CIA nicht entgehen lassen: Dave und Aaron erhalten den Befehl, ihren Gastgeber zu ermorden.

Wer nun denkt, alberner geht's nicht, sitzt erst zwanzig Minuten im Kino. Der für Kim bestimmte Giftkaugummi landet im Hals eines Generals. Dave wird bei Basketball und Orgien Kim Jong Uns neuer bester Freund, Aaron schmollt im Gästezimmer. Mit derlei Nummern hampeln Franco und Rogen lange um jede politische Kontroverse herum. Dafür wird gerne und oft die Frage diskutiert, ob der gottgleiche Große Führer nun einen Anus besitze oder nicht.

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Foto: Lucasfilm 2015

In seinen besseren Momenten drischt der Film wenig subtil, aber beherzt auf das Regime ein. Die Idee, Nordkoreas weltweit gefürchteten Despoten als weinerlichen Durchschnittsmenschen zu zeigen und ihm so den Nimbus zu nehmen, ist an sich nicht falsch. Aber meist versimpelt das Regieduo Seth Rogen und Evan Goldberg ("Das ist das Ende") die Dinge so grob, dass man den beiden gern kostenlos un im eigenen Interesse ein Witzebuch in die Hand drücken würde.

Nach all der Blödelei ist man fast überrascht, wenn das Interview doch noch kommt. Und hier, besser spät als nie, spuckt Dave dem schockierten Kim ein paar aggressive Fragen über Atomprogramme und verhungernde Koreaner ins Gesicht. Ein kraftvoller Satire-Moment, in dem sich die Grenzen zwischen Interviewer und Interviewtem auflösen. Der eine manipuliert die Massen zum Machterhalt, der andere fürs Entertainment. Ansonsten sagt uns "The Interview" eigentlich nur zwei Dinge: Der Führer hat eine Verdauung, und Katy Perry weiß alles.

(RP)
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