"Seabiscuit": Drei Schicksale und ein Wunderpferd
Frankfurt/Main (rpo). Gary Ross schildert in seiner nostalgischen Leinwandgeschichte "Seabiscuit" eine neue filmische Variante des amerikanischen Traums. Zunächst lässt das atmosphärisch dichte Pferde-Epos den Zuschauer noch unklar über seine Laufrichtung, doch Regisseur Ross hält die Erzählzügel (fast) immer fest in der Hand.
<P>Frankfurt/Main (rpo). Gary Ross schildert in seiner nostalgischen Leinwandgeschichte "Seabiscuit" eine neue filmische Variante des amerikanischen Traums. Zunächst lässt das atmosphärisch dichte Pferde-Epos den Zuschauer noch unklar über seine Laufrichtung, doch Regisseur Ross hält die Erzählzügel (fast) immer fest in der Hand.
Parallel verfolgt seine Adaption eines Tatsachenromans drei Schicksale zu Beginn des letzten Jahrhunderts: Dem wortkargen Cowboy Tom Smith (Chris Cooper) kommt mit der Industrialisierung seine Existenzgrundlage abhanden. Gerade auf dieser Entwicklung fußt der kometenhafte Aufstieg des Autoherstellers Charles Howard (Jeff Bridges), doch während der Weltwirtschaftskrise verliert auch er alles. Nach dem tragischen Tod seines kleinen Sohnes verlässt ihn zudem seine Frau. Besonders die Unfallsequenz, in welcher Regisseur Ross nur wenige, aber eindringliche Anspielungen zeigt, belegt seine inszenatorische Stärke. Ex-Boxer John Red Pollard (Tobey Maguire) kämpft mit den Schwierigkeiten, als zu groß geratener Jockey überhaupt ernst genommen zu werden. Zudem ist der irische Emigrant auf einem Auge blind, was sich bei Rennen mitunter als Handicap erweist.
Erst nach dem ersten Filmdrittel kreuzen sich die Wege des Trios durch "Seabiscuit", einen störrischen, zu klein geratenen Hengst. Drei (oder mit dem Pferd vier) Verlierer bündeln ihre Kräfte, um allen Zweiflern ihr Durchhaltevermögen zu beweisen. Für den zähen, belesenen Pollard, der während der Zwanziger seine Familie verlassen musste, nehmen Howard und Smith die Rolle von Ersatzväter ein.
Stilsicher und bildgewaltig inszeniert
Nach ersten Rekorden auf der Rennbahn lässt sich der siegessichere Howard sogar zu einer Wette mit dem reichen Besitzer des Hengstes "War Lord" hinreißen. Damit fordert er letztlich die ganze amerikanische Ostküste heraus. Zwei fatale Unfälle können Ende der Dreißiger weder Pollard noch sein stets kampfbereites Rennpferd "Seabiscuit" aufhalten.
Mit eingeflochtenen Schwarzweiß-Fotografien und einem übergreifenden Erzähler versucht der Film, das Porträt einer amerikanischen Ära zu zeichnen. Diesen Ansatz hält Ross allerdings nur in der ersten Hälfte durch. Trotzdem entsteht dank einer detaillierten Ausstattung, der bildgewaltigen Fotografie sowie überzeugender Darsteller ein melancholisch-stimmiger Blick auf die Depressionszeit. Kleinere Unstimmigkeiten wie ein Flash-Gordon-Comicbuch, welches Anfang der Dreißiger noch nicht erschienen war, lassen sich dabei verschmerzen.
Für die komischen Einlagen zeigt sich wieder einmal William Macy als schnoddriger Live-Reporter Tick-Tock McGlaughlin zuständig. Im Finale trägt Randy Newmans Orchesterscore etwas zu dick auf. Etwas mehr nüchterne Zurückhaltung hätte der Dramatik nichts von ihrer Wirkung genommen. Letztlich überzeugt der stilsicher inszenierte "Seabiscuit" durch seine effektvolle Kombination aus Dramatik, Sentiment und etwas Humor.