"Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" Rüstiger Rentner im Dschungel

Cannes (RP). Seit gestern gibt es ein filmisch dokumentiertes Argument für verlängerte Lebensarbeitszeiten: Verfechter der Idee, dass Senioren auch nach dem 65. Geburtstag anpacken können, mögen künftig Harrison Ford alias Henry Jones Jr. als Zeugen zitieren.

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels
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Denn bei der Weltpremiere in Cannes für "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels", dem 19 Jahre nach dem "Kreuzzug" vierten Abenteuer des Archäologen mit Hut und Peitsche, zeigt der 65-jährige Ford ganzen Körpereinsatz.

Cannes hatte dem zumindest kommerziellen Höhepunkt des Filmfestes entgegen gefiebert. Das teure Carlton-Hotel wandelte seine Fassade zum Eingang in einen Maya-Tempel. Indiana-Fans übernachteten vor dem Ticket-Office, um ihre Chancen auf eine der begehrten Eintrittskarten zu erhöhen.

Erste Pläne für eine vierte Fassung gab es schon 1993. Doch Regisseur Steven Spielberg und sein Freund und Produzent George Lucas konnten sich ewig nicht auf eine Idee und ein Drehbuch einigen. "Wir wollten einfach den bestmöglichen Indiana Jones machen mit realen Personen und einer realen Geschichte", sagte Lucas gestern. Aber bringen einen neu aktivierte Ruheständler wie Mister Jones wirklich weiter?

Der Archäologieprofessor agiert diesmal im Jahr 1957, wohin der eingespielte Elvis-Presley-Song "The Hound Dog" und eine Reihe Oldtimer zu Beginn des Filmes das Kinopublikum verfrachten. Kalter Krieg ist auch noch, auf Demos ist die US-Jugend "lieber tot als rot". Indiana Jones macht die Bekanntschaft der KGB-Agentin Irina Spalko (eiskalt gespielt von Cate Blanchett) und ihrer Genossen, die ihm für die nächsten zwei Filmstunden nicht mehr von der Seite weichen werden.

Denn alle suchen nach einem Kristallschädel, den die spanischen Eroberer im Mittelalter den Maya im heutigen Peru gestohlen haben. Wer ihn an seinen Ursprungsort zurück bringt, wird, so die Legende, mit überweltlicher Macht belohnt.

Dank einer Reihe von Stunts und alten Wegbegleitern gerät dieser Wettlauf um die Weltherrschaft zu einem an Tempo reichen Filmspektakel. 27 Jahre nach ihrem Auftritt in Folge eins (Jäger des verlorenen Schatzes) taucht Jones' damalige Freundin, die unerschrockene Marion Ravenwood, wieder auf. Sie und ihr Sohn Henry "Mutt" Williams, ein James-Dean-Verschnitt, werden für Jones nach bestandenen Abenteuern noch eine familiäre Überraschung übrig haben.

Ford räumte in Cannes ein, dass ihm bei den Action-Szenen, die er fast alle selbst absolvierte, mehrmals die Puste ausgegangen sei. "War mir schon irgendwie unangenehm, wenn die Crew auf mich warten musste." Auch die Zuschauer machen irgendwann schlapp - etwa beim Zählen der vielen Anleihen, die Regisseur und Drehbuchautor bei anderen Filmen genommen haben: Tarzan, Dean und die Gruselfilme der 70er Jahre durften nicht fehlen.

Die Witze über Jones' fortgeschrittenes Alter kommen bemüht daher. Und der gewollte Verzicht auf digitale Effekte, an die sich das Kino-Auge heute längst gewöhnt hat, lassen die vierte Folge der Serie etwas verstaubt aussehen. Die Begeisterung in Cannes war verhalten. Aber die eingefleischten Indy-Fans werden ihn trotzdem lieben.

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