Film-Kritik Polly Blue Eyes: Das liebe Leid mit der Familie

"Nie wieder Knast", schwört sich die junge Polly nach ihrer Entlassung aus dem Jugendgefängnis. Ein Vorsatz, der sich jedoch nur sehr schwer umsetzen lässt, denn die kleinkriminelle Familie um Vater Herbert und der Imbissbuden-Pächter Ronny wollen Polly zu einem todsicheren Coup überreden. Da ist der Weg zurück hinter die Gitterstäbe fast vorprogrammiert.

Polly Blue Eyes
16 Bilder

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Foto: Equinox Film GmbH

"Polly Blue Eyes" ist jedoch kein schwerfälliges Drama über die Resozialisierung einer jungen Frau. Dafür steht allein ein Name: Tomy Wigand. Wie in seinem Debüt "Fußball ist unser Leben" setzt der Regisseur in seinem dritten Kinofilm wieder auf Situationskomik und kauzige Typen.

Allen voran Ulrich Noethen vollführt dabei als verkorkster Vater von Polly (Susanne Bormann) eine Glanzleistung. Nach zahlreichen Auftritten in Kinderfilmen wie "Das Sams" oder Wigands zweitem Kinostreich "Das fliegende Klassenzimmer" präsentiert sich der mehrfache Deutsche und Bayrische Filmpreisträger diesmal von einer ganz anderen Seite.

Unrasiert und leicht debil spielt er einen Bauarbeiter, der gern ein Ganove wäre. Doch all seine Überfälle versemmelt er. Mal wird er von seinem Opfer in die Flucht geschlagen, noch bevor er die Waffe zücken kann, mal freundet er sich mit dem Überfallenen an. Auf diese Weise kommt Ronny (Matthias Schweighöfer), ins Spiel, den Herbert wie einen Sohn in die Familie aufnimmt.

Ulrich Noethen als glückloser Ganove

Hauptdarstellerin Bormann ("Nachtgestalten") beschränkt sich dabei auf die Rolle der Beobachterin. Bei den Bemühungen, ihr Leben in geordnete Bahnen zu lenken, muss sie mitansehen, wie neben ihr das Chaos ausbricht. Der Part des unsteten Mädchens mit anständigen Ambitionen ist vortrefflich auf die 25-jährige Grimme-Preisträgerin zugeschnitten, die schon in der Vergangenheit gern als trotziges Problemkind besetzt wurde.

Wer kauzige Typen, gepaart mit starken Darstellern und fesselnden Bildern liebt, ist bei "Polly Blue Eyes" bestens aufgehoben. Wigand knüpft humoristisch dort an, wo er bei der Ruhrpott-Klamotte "Fußball ist unser Leben" aufgehört hat. Dafür hat er seinen Schauplatz vom tiefen Westen in Gelsenkirchen in den wilden Osten nach Leipzig verlegt. "Polly Blue Eyes" ist ein kleiner Film mit Potenzial für einen Überraschungserfolg.

In seinem nächsten Werk widmet sich Wigand übrigens wieder einem Kinderfilmthema. Die Dreharbeiten zu seiner Adaption der erfolgreichen Hörspielreihe "TKKG" laufen gerade auf Hochtouren.

(afp)
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