Drama "Sin Nombre" des Debütanten Cary Fukunaga Odyssee zur mexikanischen Grenze

(RP). Wenn der lange Güterzug Fahrt gewinnt zwischen den Hütten und Fabrikruinen der Vorstädte, bis die auf den Wagendächern kauernden Menschen hinausblicken auf üppig grün oder steppenkahl vorbeiziehende Weite, dann steigern sich die Bilder von bedrückendem Elend mit dem Pathos eines berauschenden Aufbruchs in verheißungsvolle Ferne.

Miley Cyrus in "Mit dir an meiner Seite"
10 Bilder

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(RP). Wenn der lange Güterzug Fahrt gewinnt zwischen den Hütten und Fabrikruinen der Vorstädte, bis die auf den Wagendächern kauernden Menschen hinausblicken auf üppig grün oder steppenkahl vorbeiziehende Weite, dann steigern sich die Bilder von bedrückendem Elend mit dem Pathos eines berauschenden Aufbruchs in verheißungsvolle Ferne.

Er habe sich selbst in den Strom der Armutsflüchtlinge aus Mittelamerika Richtung Norden eingereiht, versichert der 32-jährige Autor-Regisseur Cary Fukunaga. Wochenlang sei er mit ihnen auf Güterzügen durch Mexiko bis zur amerikanischen Grenze vagabundiert, ehe er das Drehbuch zu seinem Spielfilm-Debüt schrieb über diese Menschen "sin nombre", ohne Namen.

Die kalten Nächte am Rand düsterer Rangierbahnhöfe, das Entern der ausfahrenden Züge, das Abspringen vor der Einfahrt in Grenzstationen und die Flucht vor räuberischen Polizisten durch finstere Vorstädte: Das sind authentisch wirkende Stationen einer Odyssee, deren Bilder an die Filme über die Güterzug-"Tramps" im Amerika der "großen Depression" der 1920er und 1930er Jahre anknüpfen. Sie sind so monumental und nuancenreich wie in "Bound for Glory", Hal Ashbys Ballade über den legendären Folk-Sänger Woody Guthrie. Fukunagas Kameramann Adriano Goldman hat sie ebenfalls auf 35mm-Film aufgenommen, nicht mit moderner, leichter Digitalkamera.

Kreuzung aus Drama und Thriller

Hauptfiguren sind zwei 16-Jährige: Sayra (Paulina Gaitan), die sich von Honduras zu Verwandten in den USA durchschlagen will, und "El Casper"(Edgar Flores), der mit seiner Bande den Zug besteigt, um die Emigranten auszurauben. Er verhindert die Vergewaltigung Sayras und muss fortan als Abtrünniger selbst fliehen. Doch zuvor wird Casper umständlich eingeführt mit einer Fülle grell ausgemalter Brutalitäten einer Jugendbande.

Der Regisseur und Drehbuchautor Fukunaga kreuzt das Flüchtlings-Drama der "Namenlosen" mit einem holprigen Thriller über mörderische Slum-Kinder, deren Grausamkeit zelebriert wird wie in dem brasilianischen Film "City of God". Der Bandenführer Lil Mago mit dem zur Kriegsmaske tätowierten Gesicht ist von Rachelust so besessen, dass er den abtrünnigen Casper durch ganz Mexiko jagen lässt. Die Überfälle seiner hirnlosen Schurken zerstören die Stimmigkeit eines Dramas, das durch ganz andere Bilder besticht: etwa die Orangen, mit denen Dorfjungen die vorbeifahrenden Emigranten überschütten, jubelnd über die heroischen Ausbrecher aus der Armut.

Bewertung: 3 von 5 Sternen

(RP)
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