Film-Kritik Napola: Hitlers Auserlesene in jugendlichen Nöten

Die Serie neuer deutscher Filme um die schicksalhaften Jahre der Nazi-Herrschaft wird am 13. Januar fortgesetzt: Dann kommt Dennis Gansels "Napola - Elite für den Führer" in die Kinos. Das sehenswerte Jugenddrama spielt in den Kriegsjahren 1942/43 und thematisiert das Innenleben einer der "nationalpolitischen Erziehungsanstalten", bekannt unter dem Kürzel Napola.

Napola
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Foto: Constantin Film

Hauptfigur ist der blonde Berliner Arbeiterjunge Friedrich, der sich als Nachwuchsboxer bereits einen guten Ruf erworben hat. Heinrich Vogler, ein Lehrer an der Napola Allenstein, wird auf Friedrich aufmerksam und gewinnt ihn für den Besuch der Internatschule, an der die künftige Elite des noch auf dem Höhepunkt seiner Macht befindlichen Dritten Reiches herangezüchtet werden soll. Zwar ist Friedrichs Vater, alles andere als ein Nazi-Anhänger, gegen die Pläne seines Sohnes, doch der setzt seinen Willen durch. Schließlich erhofft sich der aufgeweckte 17-Jährige vom Besuch der Napola den Eintritt in eine große Zukunft.

Nach dem Einzug in die mit der Hakenkreuzfahne geschmückte Burg kommen die ersten Ernüchterungen für Friedrich. Denn es herrscht unbarmherzige Disziplin in der Internatsschule, dazu müssen sich die Zöglinge einer harten militärischen Ausbildung unterwerfen. Als wohltrainierter Sportler hat er damit keine Schwierigkeiten, umso mehr Probleme hat aber der schmächtige und sensible Albrecht. Mit diesem Sohn eines Gauleiters hat sich Friedrich angefreundet, über ihn macht er auch Bekanntschaft mit dem Milieu jener Nazi-Herrenmenschen, die ihre zeitweilige Allmacht rücksichtslos auskosten.

Originelle Variante des Internatfilm-Genres

Der erst 31-jährige Regisseur Gansel hat mit einem preisgekrönten Fernsehfilm und dem Kinoerfolg "Mädchen, Mädchen" sein Talent bereits unter Beweis gestellt. Erfreulich unverkrampft entwickelt der gebürtige Hannoveraner nun in "Napola" das noch immer brisante Thema der Nazi-Eliteschulen. Denn nicht wenige Deutsche von Rang und Namen haben einige Jahre ihrer Jugendzeit in diesen verbracht, und viele der noch lebenden Absolventen haben keineswegs ausschließlich negative Erinnerungen daran.

Gansel, der das Drehbuch zusammen mit Maggie Peren schrieb, betreibt zwar alles andere als eine Glorifizierung der Napolas. Aber er bemüht sich um eine differenzierte Sicht und wagt vor reichlich belastetem historischen Hintergrund die Schilderung eines Jugenddramas, das sich in seiner psychologischen Struktur ähnlich auch an einem ganz normalen Internat zutragen könnte. Gleichwohl fügt Gansel den zahlreichen Internats-Dramen der Filmgeschichte mit "Napola" eine Variante hinzu, die originell genug ist, um ihre Berechtigung zu haben.

In dem 20-jährigen Max Riemelt, der den jungen Friedrich spielt, hat der Film eine glaubwürdige Hauptfigur. Auch die anderen Rollen sind überzeugend besetzt, besonders Devid Striesow als Lehrer Vogler und der zarte Tom Schilling als Albrecht.

Gansel hat es interessiert, welche Erinnerungen über 15.000 Männer, von denen viele noch leben, an ihre Zeit auf den Napolas und Adolf-Hitler-Schulen haben, welche Wunden und Narben sie davongetragen haben. Diese kurze, aber noch immer nachwirkende Episode deutscher Geschichte wird keineswegs verklärt, aber auch nicht wohlfeil denunziert. Der junge Regisseur zeigt eine bewegende Geschichte vor dem Hintergrund jener Zeit. Es werden weitere folgen, und das ist notwendig.

(ap)
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