Kino-Kritik Mord und Margaritas: Müder Killer trifft Spießer

Pierce Brosnan geht nach seiner 007-Zeit komplett neue Wege. Nur in Unterhosen, Stiefeletten und mit einer Bierdose in der Hand durch die vollbesetzte Lobby eines Luxushotels marschierend, hätten wir Brosnan im "Auftrag der Majestät" niemals zu sehen bekommen. In der schwarzen Komödie "Mord und Margaritas" kommen die Zuschauer in diesen Genuss.

Mord und Margaritas
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Foto: Buena Vista

Brosnan wirft so ziemlich alle Attribute über Bord, die für 007 stehen, und genießt das Ganze: "Wenn diese Affen versuchen, dich ständig auf den Bond zu reduzieren, ist es toll, sich mit so einem Film zu revanchieren", sagte der Schauspieler kürzlich dem "Playboy".

Brosnan spielt Julian Noble. Ein schmieriger Typ mit Schnauzer, Tattoos und Goldkettchen, der als Auftragskiller um die Welt tourt, Menschen tötet, jede Nacht mit einer Anderen im Bett landet und alles in allem ziemlich erbärmlich dran ist. Julian ist emotional am Ende, absolut ausgebrannt, wie er selbst sagt, und einsam. An einer Hotelbar in Mexiko trifft er eines Abends Danny Wright (Greg Kinnear).

Er ist das genaue Gegenteil von Julian: ein Geschäftsmann, ein wenig spießig und seit 14 Jahren glücklich verheiratet mit seiner Jugendliebe Bean (Hope Davis). Allerdings steckt Danny in finanziellen Schwierigkeiten. Wenn sein nächstes Geschäft den Bach herunter geht, sieht es für ihn brenzlig aus.

Plausibilität über Bord werfen

Bei ein paar Margaritas kommen die beiden Männer sich näher. So nah, dass Julian seinem "einzigen Freund", wie er ihn später nennen wird, tatsächlich erzählt, was sein Job ist. Der reagiert genau so, wie jeder reagieren würde, wenn man beim Stierkampf erfährt, dass sein Gegenüber ein Profikiller ist: Er glaubt es zunächst nicht, und ist dann doch, genau wie später auch seine Frau Bean, zunehmend fasziniert von diesem Julian, der alles verkörpert, was Danny nicht ist und umgekehrt.

Als Julian eines Tages selbst auf die Abschussliste gerät, weil er sich - am Rande eines Nervenzusammenbruchs - Fehler erlaubt und Aufträge nicht zuende gebracht hat, bittet er ausgerechnet Danny um Hilfe bei seinem letzten, entscheidenden Job.

Natürlich müssen bei diesem Film von Regisseur Richard Shepard zuallererst sämtliche moralischen Erwägungen und Fragen nach der Plausibilität dieser ungewöhnlichen Freundschaft über Bord geworfen werden. Wer das tut, erlebt eine unterhaltsame und manchmal auch ein bisschen melancholische Komödie, die vom glänzenden Spiel und Zusammenspiel seiner drei Hauptdarsteller lebt. Brosnan hätte sich keine bessere Rolle als Befreiungsschlag vom Image des James-Bond-Darstellers aussuchen können. Den Killer mit Burn-out-Syndrom gibt er köstlich komisch, ohne den Bogen zu überspannen, und beweist dabei Mut zur Selbstironie.

(afp2)
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