"Mängelexemplar" Der Roman von Sarah Kuttner kann auch als Film nicht überzeugen

Düsseldorf · Als der Roman "Mängelexemplar" von Sarah Kuttner 2009 erschien, erinnerte die Atmosphäre an ein Studio der aussterbenden Fernseh-Musiksender: wirres und aufgeregtes Geplapper, bunte Kulissen, schrille Outfits und ein anglophoner Jargon, der so manchen Sprachästheten erschauern ließ.

 Katja Riemann (links) in der Rolle der Mutter mit Karo (Claudia Eisinger).

Katja Riemann (links) in der Rolle der Mutter mit Karo (Claudia Eisinger).

Foto: dpa, vge bsc

Der Roman wurde dank seiner rotzfrechen Autorin aber zum Bestseller, nun hat Regisseurin und Drehbuchautorin Laura Lackmann ihn verfilmt - weniger aufgeregt, verschlankt, und sie hat sich vor allem dem Thema Depression etwas differenzierter genähert.

Karo (Claudia Eisinger) ist anstrengend, egozentrisch, viel zu emotional. Das nervt ihre Chefin in der Eventagentur, die sie rausschmeißt. Das nervt ihren Freund Philipp (Christoph Letkowski), der sie verlässt. Geliebt haben sich die beiden zwar nie, aber immerhin hat Philipp Karo etwas Halt gegeben.

Davon gibt es in ihrem Leben nicht viel: der Vater (Detlev Buck) ist seit der Kindheit nicht existent, die Mutter (Katja Riemann) depressiv, die Oma (Barbara Schöne) fürsorglich verständnisvoll und die beste Freundin Anna (Laura Tonke) mit eigenen Problemen beschäftigt und müde davon, dass sich alles immer nur um Karo dreht. Also beschließt Karo, dass ihr nur eine Therapie weiterhelfen kann. Nicht viel quatschen, sondern lieber gleich eine amtliche Depression bescheinigen lassen und Antidepressiva schlucken. Das macht die Therapeutin Annette (Maren Kroymann) natürlich nicht mit. Karo soll sich kennenlernen, in sich hineinhorchen.

Lackmann hat die Handlung verschlankt, die Stakkatosprache aufs Minimum reduziert. Das tut gut. Vor allem verleiht sie ihren Figuren Tiefe. Angesiedelt im hippen Berlin kann sich Lackmann allerdings auch nicht vom Zeitgeist freimachen. Karo trägt stets coole Klamotten, hat eine flippige Wohnung und immer Geld zum Feiern.

Auch wenn Lackmann das Thema Depression ernster betrachtet als Kuttner, gelingt ihr nicht die Balance zwischen postpubertärer Hysterie und bedrohlicher Krankheit.

Mängelexemplar, Deutschland 2016 - Regie: Laura Lackmann, mit Claudia Eisinger, Katja Riemann, 116 Min.

(dpa)
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