Kinostart von „Love, Simon“ Liebeskummer auf dem Schulhof

Düsseldorf · Der großartige Film "Love, Simon" erzählt charmant und mit viel Romantik und Witz vom Coming-Out eines Jugendlichen. Aber auch von der Angst vor der Ablehnung.

 Der 17 Jahre alte Simon Spier (Nick Robinson) gibt in dem Film viel von sich preis.

Der 17 Jahre alte Simon Spier (Nick Robinson) gibt in dem Film viel von sich preis.

Foto: Verleih Fox

"Ich bin wie ihr" sagt Simon zu Beginn dieses Filmes. Und genauso wie der Jugendliche sein ganz normales, weißes Mittelklasseleben vorführt, erzählt auch Greg Berlantis "Love, Simon" seine Geschichte im vollkommen konventionellen Format eines High-School-Movies. Gerade das ist indes das Besondere an diesem Film. Denn Simon hat ein Geheimnis, das normalerweise nicht in diesem Genre verhandelt wird: Er ist schwul und davon wissen weder seine Eltern noch seine Freunde.

Mit dem letztjährigen Oscar-Gewinner "Moonlight" und der diesjährig nominierten Produktion "Call Me By Your Name" haben es zuletzt zwei Filme ins Bewusstsein der Weltkinogemeinde geschafft, die schwules Leben nicht mehr nur im Nischenformat für die eigene Community, sondern mit gebührender und gelassener Selbstverständlichkeit vor einem breiteren Publikum verhandelten. "Love, Simon" geht nun noch einen Schritt weiter auf den Mainstream zu und gilt als erste Studio-Produktion, die sich mit dem Thema "Coming Out" beschäftigt.

Das Gute daran ist, dass sich "Love, Simon" überhaupt nicht wie ein Themenfilm anfühlt. Mit geradezu herzerfrischender Konventionalität bedient Berlanti die Gesetze eines amerikanischen Teenie-Films, in dem das Leben an der High School zum sozialen Mikrokosmos ausgebaut wird. Simon (Nick Robinson) führt hier mit einer kleinen Schar von Freundinnen und Freunden eine gut integrierte Existenz. Vielleicht ist es gerade diese Eingebundenheit, die ihn davor zurückschrecken lässt, das Geheimnis seiner sexuellen Orientierung preiszugeben. Aber als sich ein anonymer Mitschüler im innerschulischen Chatroom als schwul outet, hat Simon endlich jemanden, mit dem er sich über seine versteckten Gefühle austauschen kann.

Im geschützten digitalen Raum kommen sich die beiden zunehmend näher, aber der Sprung von der Online-Seelenverwandtschaft ins echte Liebesleben will ihnen nicht gelingen. Zu groß ist die Angst vor der Aufmerksamkeit und den ablehnenden Reaktionen. Lieber bis zum Ende der Schule warten und in einer anderen Stadt als Student ein neues, freies, schwules Leben anfangen.

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Aber dann gelangt ein Mitschüler an die E-Mail-Konversationen der beiden und versucht, Simon zu erpressen. Simon soll den Unsympathen mit einer Freundin verkuppeln, sonst droht das unfreiwillige "Outing". Und so setzt denn Simon seine alten Freundschaften aufs Spiel, aus Angst sein Geheimnis und den anonymen Vertrauten zu verlieren. Daraus entspinnen sich Verwicklungen und Verwechslungen von moderat shakespeare'schen Ausmaßen und eine herzzerreißende Liebesgeschichte, die im Slalomkurs auf ihr romantisches Finale zusteuert.

In den Entscheidungsgremien von Hollywood-Studios sitzen ja vorwiegend Feiglinge, die die Toleranzbereitschaft ihres Publikum lieber zehnmal unterschätzen als wegen eines vermeintlichen Tabubruches auch nur ein Ticket weniger zu verkaufen. Ein Film wie "Love, Simon", der aus dem Liebesleben eines schwulen Jugendlichen im Multiplex-Format erzählt, war schon lange überfällig. Nur punktuell merkt man dem Drehbuch von Elisabeth Berger und Isaak Aptaker die Anstrengungen an, mit denen man versucht, die Bedenken des Studios und die vermeintlichen Vorbehalte der jungen Zielgruppe zu zerstreuen. An der Kulisse der heilen Mittelklassewelt etwa wird nicht gekratzt, um das Publikum nicht noch mit weiteren Widersprüchen zu belasten.

Aber davon abgesehen gelingt es dem Film mit Witz, Charme und einer guten Portion Romantik seine Liebesgeschichte universell zugänglich zu machen. Gerade weil hier nicht mit erhobenem Zeigefinger und politisch korrektem Anspruchsdenken gearbeitet wird, sondern sich die Empathie durch die Nähe zur Hauptfigur erfolgreich herstellt, wirkt die Angelegenheit angenehm unangestrengt.

Sein kitschiges Happy End im Riesenrad und das solide US-Einspielergebnis von fast 60 Millionen Dollar hat sich "Love, Simon" jedenfalls redlich verdient.

Love, Simon, USA 2017 Regie: Greg Berlanti, mit Nick Robinson, Katherine Langford, Alexandra Shipp, Jennifer Garner, Josh Duhamel, 110 Min.

(RP)
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