Matt Damon in "Green Zone" Irak-Krieg als Polit-Thriller

(RP). Nach dem Oscar-Gewinner "The Hurt Locker" kommt jetzt ein weiterer Film über den Irak-Krieg ins Kino. "Green Zone" von Regisseur Paul Greengrass ist konventioneller und zugleich politischer als die prämierte Variante von Kathryn Bigelow und zeigt den Irak als Ort des blutigen Chaos.

(RP). Nach dem Oscar-Gewinner "The Hurt Locker" kommt jetzt ein weiterer Film über den Irak-Krieg ins Kino. "Green Zone" von Regisseur Paul Greengrass ist konventioneller und zugleich politischer als die prämierte Variante von Kathryn Bigelow und zeigt den Irak als Ort des blutigen Chaos.

Der Jubel um die sechs Oscars für "Tödliches Kommando — Hurt Locker" ist kaum verklungen, während mit "Green Zone" schon der nächste Film über den Irak-Krieg anläuft. Beide Filme erzählen von demselben Krieg, und beide wurden von dem Kameramann Barry Ackroyd gedreht.

Dennoch könnten sie kaum unterschiedlicher sein. Kathryn Bigelow beschränkte sich in "Hurt Locker" auf den Versuch, möglichst realistisch den "Krieg als Droge" darzustellen; einen Kriegshelden als "Adrenalin-Junkie" zu porträtieren, der seine Lust auf tödliche Gefahr auf dem Kriegsschauplatz Irak auslebt (und ohne patriotische Parolen auskommt, die dafür bei der Oscar-Feier üppig nachgereicht wurden).

Politisch und kommerziell

"Green Zone" dagegen ist der zugleich politischere und kommerziellere Film: ein glänzend inszenierter Thriller, der den Irak-Krieg als den abenteuerlichsten und blutigsten Coup der Regierung Bush schildert.

2003, im soeben von den Amerikanern besetzten Bagdad, pendelt ein kleiner Trupp von Armee-Spezialisten zwischen der luxuriösen Friedensinsel der "Green Zone", der "Sicherheitszone" rund um Saddam Husseins größten Palast, und dem Chaos in der übrigen Stadt.

Sie werden auf die fruchtlose Suche nach "Massenvernichtungswaffen" ausgeschickt an lauter sinnlose Orte, die angeblich von einer "sicheren" Geheimdienst-Quelle benannt wurden. Sie geraten zwischen Plünderer und Scharfschützen, die kein Besatzer zu stoppen wagt, und wütende Menschenmassen, die nach Wasser schreien. Angst und Frust der Soldaten explodieren in Gewalt: mal gegen einen Invaliden, der ihnen etwas mitteilen will, mal gegen die Menschen in einer Wohnung, die sie auf bloßen Verdacht wie eine feindliche Festung stürmen.

Delirierende Kamerafahrten

Eine delirierende Kamera und ein rasanter Schnitt bilden die durchaus angemessene Form für die Schilderung dieses Chaos. Sie erinnern zugleich an die wenigen Dokumentaraufnahmen solcher Episoden, die damals den Weg ins Fernsehen schafften. Ruhigere Bilder gibt es nur aus den Folterkellern von Abu Ghraib, wo ein Gefangener an einem "Verhör" stirbt, noch ehe er über die Vorbereitung von Krieg und Bürgerkrieg durch untergetauchte irakische Militärs berichten kann; und von der perfekten Swimmingpool-Idylle in Saddams Palast, die Soldat Miller auf dem Weg zu seinen Vorgesetzten durchquert.

Realistische Versatzstücke bilden den Einstieg in einen Thriller, mit dem der Regisseur Paul Greengrass sich mehr noch als in den Agenten-Abenteuern der "Bourne"-Serie als Meister des Actionfilms ausweist. Sein Held wird wieder von Matt Damon verkörpert, und der schafft es, die Verwandlung des braven Soldaten Miller zur überlebensgroßen Figur eines heroischen Wahrheitssuchers glaubhaft zu machen. Die Aufdeckung eines Kriegslügen-Komplotts wirkt raffinierter als die Bourne-Verschwörung, gerade weil sie Miller mit Gegnern konfrontiert, die realen Figuren nachgebildet sind.

Die politische Realität lässt grüßen

So gebärdet sich ein Geheimdienst-Chef aus dem Pentagon allmächtig wie Amerikas Prokonsul Paul Bremer, wenn er selbstherrlich Iraks Beamte und Offiziere feuert und vom Aufbau eins demokratischen Irak schwadroniert, während sich die Anzeichen mehren, dass der Krieg gegen die Besatzer gerade erst richtig beginnt. Blackwater-Söldner jagen per Hubschrauber amerikanische Soldaten und prügeln sich mit ihnen um die Überlassung prominenter Gefangener.

Hilfe findet Miller bei einem Veteranen (dem Iren Brendan Gleeson in einer prägnanten Nebenrolle) jenes Geheimdienstes, der an irakische Massenvernichtungswaffen auch nicht glauben wollte: der CIA. Und alle suchen fieberhaft das Notizbuch eines irakischen Generals — einen klassischen MacGuffin à la Hitchcock.

Diese "Green Zone" kommt spät genug, um nicht mehr als aktueller politischer Kommentar den offenen Zorn konservativer Republikaner zu erregen. Der Film ist ein virtuos inszeniertes, spannend erzähltes Spektakel, bei dem die Hektik von Kamera und Schnitt natürlich wirkt. Die Erfolgsaussichten werden nur dadurch geschmälert, dass er in den konventionellen Formen eines Thrillers ein düsteres Kapitel jüngster Geschichte mit boshafter Genauigkeit spiegelt.

Bewertung: 4 von 5 Sternen

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort