'Identität' - Eine lecker angerichtete Schlachtplatte

Frankfurt/Main (rpo). Ein unheimlicher Gewittersturm, ein heruntergekommenes Motel im Nirgendwo und zufällig gestrandete Reisende: Das Krimimenü ist lecker angerichtet im Horrorthriller "Identität", der am 18. September anläuft.

<P>Frankfurt/Main (rpo). Ein unheimlicher Gewittersturm, ein heruntergekommenes Motel im Nirgendwo und zufällig gestrandete Reisende: Das Krimimenü ist lecker angerichtet im Horrorthriller "Identität", der am 18. September anläuft.

10 Personen und 10 Hotelzimmer, das sieht auch für einen Agatha-Christie-Verschmäher nach einem an 10 Fingern abzählbaren Krimi aus, dessen Qualität vor allem an der Originalität der jeweiligen Tötungsart gemessen wird.

Gegen Ende müssen dann die kontinuierlich dezimierten Rest-Gäste in Hysterie ausbrechen, sich gegenseitig verdächtigen und den vermeintlichen Mörder entlarven - meist ein extrovertierter Fiesling, der es dann doch nicht ist. Denn der Killer offenbart sich erst in letzter Minute und ist oft die langweiligste Person im Verein.

Eingedenk dieses Musters kann sich der Zuschauer in Erwartung gepflegten Horrors erst einmal gemütlich im Kinosessel zurücklehnen. Und weil James Mangold ein talentierter Regisseur ist (zum Beispiel "Durchgeknallt"), will er das Genre zwar nicht neu erfinden, aber mit handwerklicher und inhaltlicher Raffinesse nachwürzen.

Zunächst dreht er die Krimischraube ein bisschen fester und schafft eine zweite Ebene: Im Hinterzimmer eines Richters wird der Fall eines Serienkillers neu verhandelt, der mit Hilfe seines Psychiaters in letzter Sekunde seiner Hinrichtung entkommen will. Dieser "Appetizer" hat lange überhaupt nichts mit dem blutigen Motel-Geschehen zu tun.

Das beginnt mit einem Unfall auf regennasser Landstraße, bei dem eine Frau überfahren wird. Ehemann und Sohn bringen die Schwerverletzte mit Hilfe des Unfallverursachers, dem Chauffeur einer zickigen Hollywood-Diva, in jenes abgeschabte Motel. Dort treffen nacheinander ein frisch verheiratetes, streitendes Pärchen, ein ruppiges Callgirl und ein brachialer Cop samt psychopathischem Schwerverbrecher in Handschellen ein. Macht zusammen 10 Personen plus den ekligen Motelbetreiber.

Die erste Tote ist natürlich die unsympathischste

Ebenso wie auf das Wetter, das mit Regen und Sturm für Pannen und zusammenbrechende Leitungen sorgt, ist auch auf die unberechenbare Technik Verlass, und so geben die Handys ebenfalls ihren letzten Piepser von sich. Nach klassischem Muster ist die erste Tote die unsympathischste: jene abgetakelte Schauspielerin, die ihren Chauffeur, ein Ex-Polizist, unbarmherzig triezt. Der ist übrigens der besonnenste der zusammengewürfelten Gästeschar - also der Mörder?

Rebecca de Mornay in der undankbaren Rolle der ersten Leiche hat eine große Hollywood-Zukunft hinter sich, gehört aber immer noch zu den bekanntesten Gesichtern des prominenten Ensembles mit John Cusack und Ray Liotta an der Spitze. Sie schlagen sich wacker im eher schmuddeligen Genre, dass gemeinhin den "B-Movies" zugerechnet wird, und balancieren gekonnt zwischen Klischee und subtilerer Charakterzeichnung.

Als alle Beteiligten eine unheimliche Übereinstimmung entdecken, wandelt sich das Mordrätsel scheinbar zum Spukfilm. Doch schon von Beginn an liegt eine leicht surreale Stimmung über dieser farbigen Schlachtplatte, auf der von Kopfabschlagen bis Besenstiel-Pfählen mehrere Todesarten durchgespielt werden: "Ich habe das schon mal in einem Film gesehen", sinniert eines der potenziellen Opfer, und einmal ist sogar à la Spielberg die Rede von einem poltergeisternden Indianerfriedhof im Keller.

Das kollektive Gedächtnis des geneigten Publikums wird gekonnt gekitzelt und bekommt viele falsche Fährten präsentiert - wenn auch der Clou etwas zu früh enthüllt wird und die Spannung beim finalen Aufräumen versickert. So viel sei verraten: Neben den üblichen Verdächtigen Agatha Christie und Alfred Hitchcock wird auch Psychothrillern wie "Fight Club" Reverenz erwiesen. Anders aber als sonst bei Krimis mit Psycho-Dreh spielt Regisseur Mangold fair und gibt zumindest fortgeschrittenen Zuschauern eine kleine, aber reelle Chance, von der Auflösung nicht überrumpelt zu werden.

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