Amerikanisches Aschenputtel in britischem Schloss Hollywood-Komödie "Was Mädchen wollen"

Frankfurt/Main · "Was Mädchen wollen" weiß keiner besser als die Traumfabrik, die Jungmädchenträume so direkt bedient, dass dem Kritiker die Sprache versagt. Amerikanische Mädchen wollen demnach nicht nur einen Märchenprinzen, sondern wissen im tiefsten Inneren, dass sie von königlichem europäischen Geblüt abstammen.

So auch die 17jährige New Yorkerin Daphne, die auf der Suche nach ihrem Vater nach London ausbüxt und im Schloss mit besagter goldener Suite landet. Auch eine eklige Stiefmutter in spe mit Tochter ist zur Hand, um das herzige Mädchen von seinem rechtmäßigen 39. Platz der britischen Thronfolge zu vertreiben - so wie böse Ratgeber einst Daphnes schwangere Mutter Libby, Ex-Hippie und Sängerin, geschasst hatten.

Der Film, gedacht für eine weibliche Zielgruppe von 9 bis etwa 14 Jahren, die in einem "Tal der Ahnungslosen" aufgewachsen ist, aber immerhin mitbekommen hat, dass die Welt keine Scheibe ist und nicht hinter New York ins Meer fällt, präsentiert sich einesteils als leidlich witzige Ansammlung von Klischees über die schnöselige britische Upper-Class, die auf die Parvenüs aus dem ehemaligen Kolonien herunterschaut. Für alle erwachsenen Zuschauer, die nicht gleich im Kinosessel einschlummern, ist das modernisierte Cinderella-Märchen jedoch vor allem amüsant als Bild, das Amerikaner heute im "alten Europa" von sich selbst haben.

So soll laute Rockmusik, zu der eine quietschende Daphne durch das Heim ihres wiedergefundenen Vaters Henry Dashwood tollt, den frischen Wind der Freiheit symbolisieren, und Daphnes reizende Spontaneität die Überlegenheit eines unbekümmerten Pragmatismus über britisches Klemmi-Verhalten. Wo Daphne ist, wird es laut: wenn sie auf dem langweiligen Ball "Stimmung!" schreit und und handgreiflich zum Tanzen animiert, flippen die Aristos so sehr aus, dass der Kronleuchter von der Decke fällt. Macht nichts, es gibt noch genug alten Kram im Museum Europa.

Wattig und zuckersüß

Unterstützt wird Daphne (harm- und kantenlos niedlich: Amanda Bynes) von ihrem britischen Freund Ian, der, selbst von edlem Geblüt, der steifen Klassengesellschaft entsagte und stets im richtigen Moment auf feinen Partys als Band-Sänger auftaucht. Überhaupt die Handlung: nicht Logik-Löcher, nein, Krater und Schluchten weist sie auf - wie im wirren Traum eines vorpubertären Mädchens, das vorm Zubettgehen das "Goldene Blatt" gelesen hat. So konfus wie die Geographie von London, in dem sich der Trafalgar Square gleich neben Papas Schloss zu befinden scheint - man kann schließlich nicht alles wissen -, ist Papa selbst,

Der will ins Parlament gewählt werden und ist hilflos zwischen seiner "Fun"-versprechenden Yankee-Tochter und seiner intriganten, karrierebewussten Verlobten hin- und hergerissen wird. Dabei ist zwar vollkommen klar, dass die unkonventionelle Amerikanerin Libby im Handstreich ihren Platz in seinem Herzen samt Schloss zurückerobern wird, aber nicht, wieso das britische Weichei sie einst widerspruchslos ziehen ließ.

Ließe sich doch das Denken wenigstens für ein und eine halbe Stunde abstellen, damit man diesen dummen kleinen Teenie-Film, der im übrigen mit schönen Schauplätzen und einem netten Soundtrack erfreut, reuelos genießen könnte! So aber schmeckt das betont naive Ganze so wattig und zuckersüß wie rosa Marshmellows, an denen sich schon mancher den Magen verdorben hat.

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