"Rango" neu im Kino Großmäuliges Chamäleon als Sheriff

Frankfurt/Main (RPO). Western sind einfach nicht totzukriegen. Den Beweis liefert neben dem vor einer Woche angelaufene Oscar-Epos "True Grit" nun auch die originelle Trickfilmkomödie "Rango". Darin geht es um ein Chamäleon-Haustier, das bei einem Autounfall unsanft aus seinem Terrarium in die Wüste befördert wird. Dort strandet das neurotische kleine Reptil in einer Western-Parallelwelt, gegen die das Kaff in "True Grit" wie eine adrette Puppenstube aussieht.

"Rango": schräges Chamöleon und allerlei Viehzeugs
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"Rango": schräges Chamöleon und allerlei Viehzeugs

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In dem von verratztem Kleingetier bevölkerten Städtchen Dirt ist so ziemlich jedes Klischee unterwegs, das Wildwest-Epen im letzten Jahrhundert illustriert haben.

Da gibt es zum Beispiel den korrupten Bürgermeister - eine bräsige Schildkröte, eine mutige junge Maid, die ihr Land nicht verkaufen will - ein Iguana, eine Sippe von Maulwürfen, die Banken ausraubt, und ein schweigsamer Rabe im Poncho als Indianer-Karikatur.

Geritten wird auf Hühnern. Als Mistviecher treten ein Habicht und eine Klapperschlange auf, unschwer als Parodien jener Galgenvögel - einer ihrer Unterlinge heißt gar Kinski - zu erkennen, die besonders in Italo-Western ihr Unwesen trieben.

Ein Chamäleon sattelt die Hühner

Im örtlichen Saloon trumpft das Chamäleon, das sich seit jeher mit der Frage "Wer bin ich?" quält, mit detailreichen Flunkereien als Revolverheld Rango auf. So wird das vermeintliche Alphatier flugs zum Sheriff gekürt - und soll klären, wo das Wasser geblieben ist, das in dieser Welt Gott und Geld zusammen bedeutet. Bis Rango das kühle Nass dingfest gemacht hat, sprudelt die Fabel nur so über von schrägen Ideen, in denen vom erleuchteten Gürteltier über eine Fledermaus-Bomberattacke bis hin zum "Geist des Western" mit einem Clint-Eastwood-Gespenst die Fantasie Purzelbäume schlägt.

Regisseur Gore Verbinski, der sich durch die "Fluch der Karibik"-Spektakel viel Kredit erworben hat, durfte sich hier, scheinbar ungehindert von Produzenten-Spaßbremsen, austoben. Obwohl die Handlung viel Spielraum für dreidimensionale Effekte bietet, verzichtete er auf diesen Geschmacksverstärker.

Auch ohne 3D-Augenreiz ist die Animation erstklassig - und so ausdifferenziert, dass Fell, Federn und Schuppen unheimlich echt aussehen. Und damit beginnen die Probleme. Denn das gezeigte Viehzeugs, meist ein Fall für den Kammerjäger, ist so was von hässlich, gar gruselig, dass man sich schwer vorstellen kann, wie (laut FSK-Freigabe) Sechsjährige daran Gefallen finden sollen.

Das Gespenst von Clint Eastwood

Schon die Rezensentin schafft es nicht, die absonderlichen Wüstenspezies aus Maus-, Echsen- und Käferarten zu identifizieren. Auch die vielen Filmzitate sind auf erwachsene Connaisseure gemünzt, die an dieser kenntnisreichen Western-Hommage sicher großen Spaß haben werden.

Das Gleiche gilt für die ironischen Metaebenen, in denen sich etwa das Chamäleon in existenzialistischen Monologen ergeht, oder eine Mariachi-Eulenband in der Art eines antiken Chors singend die dramatische Handlung vorwegnimmt. Für ein Familienpublikum aber ist dieser Echsen-Western leider zu überkandidelt.

(apd/csr)
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