Neue Verfilmung kommt ins Kino Godzilla - der König der Monster ist zurück

Düsseldorf · Hollywood macht das japanische Riesenmonster in 3D zum Retter der Menschheit. Perfekte Action, die Geschichte fesselt nur zu Beginn.

Monster sind zu Figuren geronnene Ängste. Sie geben diffuser Furcht, bösen Ahnungen, fundamentaler Beunruhigung ein Gesicht — und wenn das auch fürchterlich aussieht, wirkt dieser Vorgang doch beruhigend: Personifizierter Angst lässt sich ins Auge blicken, das entzieht ihr die Macht.

Godzilla ist geboren aus der Angst vor der Atomkraft. 1954 brachte der japanische Regisseur Ishiro Honda das dunkle Riesenmonster aus dem Wasser erstmals auf die Leinwand und schob damit eine Welle erfolgreicher Monsterfilme an. Neun Jahre nach den Atombombenangriffen auf Hiroshima und Nagasaki war das Geschöpf ein gewaltiger Mutant, ein verstrahltes Urviech mit Kräften, die der Mensch nicht beherrschen konnte. Auf furchtbare Weise hatten die Japaner erlebt, wie sich die ungeheure Energie der Atomkraft gegen die Menschheit richten kann. Sie gaben ihrem Trauma eine Gestalt, und Godzilla sollte das Größte aller Monster sein, eine Kreuzung zwischen Wal und Gorilla, riesig wie die urzeitlichen Echsen, die einst über die Erde stampften und an ihrer schieren Größe zu Grunde gingen.

Godzilla: Bilder aus der Verfilmung von Gareth Edwards
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Bilder aus Gareth Edwards' "Godzilla"

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60 Jahre später hat Japan erleben müssen, wie gefährlich auch die friedliche Nutzung der Kernenergie ist und das Reaktorunglück nach dem Beben vor Fukushima hat nicht nur Japan verunsichert, sondern weltweit die Angst vor der Atomkraft neu geschürt. Da lassen die Amerikaner das japanische Monster erneut aus dem Wasser steigen. Schon 1998 hatte Roland Emmerich Godzilla in New York in den Madison Square Garden gehetzt. Allerdings geriet ihm das Monster zu wendig, es war zu sehr Flüchter, zu wenig Koloss. Und so taufte die Fangemeinde Emmerichs Geschöpf Gino "Godzilla In Name Only" - Godzilla nur dem Namen nach.

Nun hat der britische Regisseur Gareth Edwards für Hollywood einen neuen Versuch gewagt. Mit dem Independent-Film "Monsters" hatte er sich 2010 für diese Aufgabe empfohlen und bringt jetzt einen Godzilla ins Kino, dessen gewaltige Dimensionen sich lange nur ankündigen: durch gigantische Spuren der Verwüstung. Edwards spielt mit den Erwartungen der Zuschauer, die wissen, dass der König der Monster die Formate sprengen muss, um im Zeitalter des technisch hochgerüsteten Katastrophenfilms seine Berechtigung zu behaupten. Und dann lässt er in einem grausig stillen Moment des Films Soldaten Leuchtfeuer in den schwarzen Himmel schießen, um die drohende Gefahr zu erkunden, und als Godzilla dann auftaucht, wirkt die Leuchtmunition wie ein Tischfeuerwerk. Das Monster ist also monströs, und die finale Schlacht, in der es in San Francisco gegen andere Viecher antritt, die fliegen können und sich von Atomabfällen ernähren, ist imposantes, effektvolles Actionkino, an dessen Trickperfektion man seine Freude haben kann.

Bombastischer Trailer zu "Godzilla" veröffentlicht
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Bombastischer Trailer zu "Godzilla" veröffentlicht

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Die Gefühle der Zuschauer aber hat der Film da längst verloren. Dabei zeigt Edwards im ersten Drittel seines Films, dass man mit guten Schauspielern Action durchaus mit großem Gefühlskino verbinden kann. Da spielt Bryan Cranston einen Physiker, der bei einem angeblichen Reaktorunfall seine Frau verliert. Cranston hat schon in der TV-Serie "Breaking Bad" aus einem scheinbaren Biedermann einen verzweifelten Grenzgänger gemacht, der anfängt, Drogen zu kochen, als man bei ihm Krebs diagnostiziert. In "Godzilla" ist er der trotzige Forscher, der aus Trauer um seine Frau dem Monster auf die Spur kommt, und dessen Geschichte dem Film emotionale Tiefe gibt. Cranston wird unschuldig schuldig, er ist ein tragischer Held, man will, dass sein Leben in Ordnung kommt, und weiß doch, dass der Tod das auf immer verhindert.

Doch bald übernimmt Aaron Taylor-Johnson als tapferer Soldat die Handlungsführerschaft. Der hat schöne Augen, beeindruckende Muskeln und rettet im Vorbeireisen kleine hawaiianische Jungs aus berstenden U-Bahnen. Aber das kennt man schon. Das befüllt nur die üblichen Muster. Und so bangt man kaum, ob es dem Soldaten gelingen wird, die verstrahlten Monster ausgerechnet mit Atomwaffen zu erledigen. Ein japanischer Forscher, den die Militärs zu Rate ziehen, hatte ja längst orakelt, dass die Natur sich selbst wieder ins Gleichgewicht bringen müsse. Und so steuert der Film auf eine Schlacht der Giganten zu, in der der Mensch nur noch Zuschauer ist.

Da wird klar, wie groß Hollywood seinen Godzilla diesmal tatsächlich gemacht hat. Er stampft nicht nur diverse Innenstädte platt und lässt das Meer erbeben. Die mutierten Kreaturen, gezeugt aus menschlicher Hybris, freigesetzt in die Natur, tragen ihre Kämpfe unter sich aus. Die Technik koppelt sich ab vom Menschen, übernimmt die Macht selbst. Diese Angst ist das Monster unserer Gegenwart.

(RP)
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