Neu im Kino Fünf Freunde und der Tod

(RP). Warum stecken Menschen oft in einem Leben fest, das sie eigentlich nicht wollten? Diese Frage erkundet Michael Klier in seinem Film "Alter und Schönheit". Zwar holt er einige der besten deutschen Schauspieler vor die Kamera, doch zwischen den Stars knistert es nicht.

 Szene aus "Alter und Schönheit".

Szene aus "Alter und Schönheit".

Foto: X-Verleih

Manchmal muss es schlimm kommen, damit Jugendfreunde wieder zueinander finden. Bernie, Justus und Harry treffen sich in Berlin, weil der Vierte im Bunde, Manni, schwerkrank ist. Der Krebs lässt ihn kaum noch atmen. Jetzt steht sein Ferrari vor dem Hospiz, feuerrotes Vitalitätssymbol, stolzer Besitz eines Sterbenden. Doch so kurz vor dem Tod interessiert Manni das Auto gar nicht mehr, dafür eine Frau, der er vor Jahren den Laufpass gab: Rosi. Manni will sie um Verzeihung bitten. Vielleicht will er sie eigentlich auch nur noch einmal sehen. Jedenfalls sollen die Freunde sie holen.

In "Alter und Schönheit" erzählt Regisseur Michael Klier von Männern um die 50, die plötzlich erkennen, dass der Tod keine abstrakte Drohkulisse ist, sondern anfängt in der eigenen Generation zu räubern. Für ein paar Tage fallen diese Männer aus ihrem Alltag, lassen den Stress mit Gattinen und Geliebten, mit Beruf und Kindern hinter sich und suchen nach einer Frau. Weil die zuerst unauffindbar ist, geraten sie in ungewohnten Leerlauf, sitzen auf den Stahlrohr-Hockern in einem Fitnesshallen-Restaurant herum und fangen an, darüber nachzudenken, warum sie wurden, was sie sind. Das heißt, sie suchen nach dem Knacks in ihrem Leben, dessen feine Ausläufer den Spiegel nun blind machen.

Für diese zum Sentimentalen neigende Geschichte hat Klier einige der besten Darsteller des deutschen Films vor die Kamera geholt: Henry Hübchen, Burghart Klaußner, Armin Rohde, Peter Lohmeyer. Mit ihnen wollte Klier wohl beweisen, dass Bilanzgeschichten nicht sentimental sein müssen. Also hat er versucht, ein leichtes, lakonisches Kammerspiel zu drehen, das sein Thema ernst nimmt, aber nicht zergrübelt — eine Improvisation über Freundschaft, geplatzte Träume und das Sterben.

Leider ist aber vor allem eines entstanden: Langeweile. Wenn die Freunde in wechselnden Formationen Zeit totschlagen, dann helfen dem Zuschauer keine klugen Dialoge über die Zeit hinweg. Vielmehr muss er stumpf mitwarten und kann dabei beobachten, wie es zwischen lauter Stars nicht knistert.

Auch als mit Sibylle Canonica endlich die Verflossene ins Spiel kommt, prickelt der Film nicht. Canonica ist zwar sehr überzeugend verführerisch und verlebt zugleich, man ahnt die mit ein wenig Zickigkeit gewürzte Extravaganz aus früheren Tagen. Doch dann kommen die unvermeidlichen Szenen, in denen alte Haschvorräte verraucht werden — und die Geduld des Zuschauers gleich mit.

Nur am Ende gewinnt der Film dann doch jene Leichtigkeit, die wohl die ganze Zeit das Ziel war: Die Freunde laden Manni noch einmal in den Ferrari und fahren aufs Land. Da gibt es sehr sanft, sehr anrührend, sehr diesseitig jene Absolution, nach der sich der Sterbende die ganze Zeit gesehnt hat.

Doch vorher müssen natürlich auch die Lebenswege der Freunde noch Wenden nehmen. Das gerät weder authentisch noch komisch. Wenn Bernie etwa seiner aus dem Nichts auftauchenden Frau erklärt, ihre Ehe sei noch nie spannend gewesen und der Lehrerberuf natürlich auch längst nichts mehr für ihn, dann ist das so vorhersehbar und so sehr Klischee, dass selbst ein Armin Rhode dieser Rolle keinen Charme mehr abzugewinnen vermag.

Vielleicht ist es schwer, über in die Jahre kommende Wirtschaftswunderkinder einen spannenden Film zu machen, weil ihre Lebenswege so kriegsverschont ungebrochen sind. Doch steckt gerade darin auch ein großer Reiz. Denn gerade die Lebensbilanzkrisen der Wiederaufbau-Kinder offenbaren doch, dass Wohlstand allein Menschen kein erfülltes Leben beschert.

"Alter und Schönheit" erzählt jedoch nur wenig davon, wonach sich dieses Freundesquartett eigentlich sehnt. Zu sehr ist der Film damit beschäftigt, locker und entspannt zu sein und nur ja kein Pathos zu entwickeln. Vielleicht steht er damit am Ende dann doch für die Generation, die er spiegeln will.

(RP)
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