"Fifty Shades of Grey" Ein Film so verrucht wie Rosamunde Pilcher

Berlin · Heute bekommen die Fantasien von 100 Millionen Lesern lebendige Vorbilder: Die Verfilmung der "Shades of Grey"-Trilogie kommt in die Kinos. Drei Millionen Tickets weltweit sind vorbestellt, einige Kinos zeigen den Film zum Valentinstag im Stundentakt.

Szenen aus dem "Fifty Shades of Grey 1"-Film
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Szenen aus dem "Fifty Shades of Grey"-Film

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Foto: ap

Am Mittwoch hatte "Fifty Shades of Grey" bei der Berlinale Weltpremiere, Hauptdarsteller Dakota Johnson im tief ausgeschnittenen schwarzen Kleid und Jamie Dornan im Smoking kamen zur Premiere. Dazu die Regisseurin Sam Taylor-Johnson und die Autorin der Bestseller-Reihe Erika Leonard alias E.L. James. Wir waren bei der Premiere in Berlin und geben Antwort auf die drängendsten Fragen der Fans:

Wie ist der Film?

Brav, bieder, aber nicht schlechter als die Vorlage. Die Hauptfiguren lassen Projektionen aller Art zu und sehen gut aus. Die Geschichte wird treu erzählt, die Dialoge sind zum Teil sogar schlagfertig. Meistens schwelgt der Film in der Inszenierung von Reichtum: In Greys Appartment glänzt einfach alles: vom Flügel über den Steinboden bis zu den Sportwagen in der Tiefgarage. "Welcher davon gehört Dir?", fragt Anastasia. "Alle", antwortet Grey. Schön inszeniert sind die Flugszenen - im Hubschrauber und im Segelflieger. Witzig ist eine Clubszene, in der Anastasia sich betrinkt. Kurz: Der Film ist wie "Pretty Woman 2.0": Die weibliche Hauptfigur hat einen Bildungsschub mitgemacht, die männliche einen Einkommensschub, in den Sexszenen geht es härter zu - Erfolg an der Kinokasse ist garantiert.

Fifity Shades of Grey Pressestimmen:  "Der erwartete Höhepunkt"
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Pressestimmen zu Fifty Shades of Grey: "Der erwartete Höhepunkt"

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Wie sind die Hauptdarsteller?

Dakota Johnson kann beides: Mädchen spielen und schlagfertig sein. Sie lässt sich von Mr. Grey glaubhaft beeindrucken, macht sich bisweilen aber über seine sexuellen Spielregeln und seinen Kontrollwahn lustig. Damit ist sie zugleich ein liebliches Aschenputtel und eine selbstbewusste Frau von heute. Wenn auch alle Erkenntnisse der Frauenbewegung der vergangenen 20 Jahre an ihr vorübergegangen sind. Hübsch ist sie sowieso. Ponyfrisur, flache Schuhe und dünne Kleidchen werden groß in Mode kommen. Jamie Dornan hat vorbildlich trainiert, sein Körper ist in Bestform. Im Gutaussehen ist er aber auch besser als im Gutspielen. An Temperament ist er ihr deutlich unterlegen. Aber das muss natürlich auch so: Sie ist ja für die echten Gefühle zuständig, er beichtet gleich "romantisch kann ich nicht" und überhäuft Anastasia dann doch mit Geschenken: Erst gibt es Kleider, dann einen PC, dann ein nagellackrotes Auto. Und das ist erst Teil eins der geplanten drei Romanverfilmungen.

"Fifty Shades of Grey": So lief die Berlinale-Premiere
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So lief die Premiere von "Fifty Shades of Grey" in Berlin

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Knistert es zwischen beiden?

Nö. Das liegt vor allem an ihm. Jamie Dornan spielt fader als Dakota Johnson und ist viel zu glatt, um ganz ihr Typ zu sein. Den skrupellosen Milliardär, der ein Imperium leitet, nimmt man ihm nicht ab, eher den netten Typen, der gern joggen geht.

Wie weit gehen die Sexszenen?

"Fifty Shades of Grey 1": Fotos aus dem neuen Trailer
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Fotos aus dem offiziellen Trailer zu "Fifty Shades of Grey"

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Alles sehr brav. Das Sadomaso-Zimmer von Mr. Grey ist ein edles Studio mit allerlei Gerätschaften, die fast alle nicht ausprobiert werden. Zum Einsatz kommen: eine Pfauenfeder, Handfesseln, zweimal Peitschen. Gezeigt wird deren Gebrauch nie direkt, das findet alles unterhalb der Leinwandlinie statt. Schmerz zeichnet sich nur in den hübsch geröteten Gesichtern der Hauptfiguren ab. Wirklich gezeigt werden nur die konventionellen Bettszenen - als Spiegelung in einer Scheibe. Puh, wie oft hat man das gesehen?

Gibt es peinliche Momente?

Ja. Mr. Grey setzt sich nach dem Sex immer ans Klavier und spielt traurige Stücke. Einmal sitzt er dort im Halbdunkel, sie kommt rein, das Bettlaken umgeschlungen, als sei das ihr Brautkleid. Melancholie können die beiden nicht. Außerdem haben die Sadomaso-Szenen trotz feinster Ausstattung etwas Billiges. Man kennt das ja auch eher aus Reality-Formaten im Unterschichts-Fernsehen.

Lustigster Dialog?

Sie stehen vor der Tür hinter der sich sein dunkles Geheimnis verbirgt. Er mit Grabesstimme: "Das ist mein Spielzimmer." Sie: "Wie - X-Box und so?"

Sollte man den Valentinstag mit diesem Film verbringen?

Wenn man Lust auf Hochglanz-Romantik hat und sich gern in teure Autos, Helikopter und Penthouse-Wohnungen mit Designerlampen träumt, dann nur zu. Die ganze Aufregung um die vermeintlich brutalen Sexszenen war vergebens: Der Film ist so verrucht wie Rosamunde Pilcher. Aber an ganz verregneten Wochenenden ist einem ja auch mal danach.

(dok)
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