Lone Scherfigs Film "Italienisch für Anfänger" Ein liebenswert undogmatischer Dogma-Film aus Dänemark

Frankfurt/Main (rpo). Wer noch keine Bekanntschaft mit Jorgen Mortensen gemacht hat, kann das ab dem 17. Januar nachholen. Dann kommt mit fast einjähriger Verspätung endlich jener dänische Film "Italienisch für Anfänger" in die Kinos, der einer der Glanzpunkte im Wettbewerb der Berlinale im Februar 2001 war.

Die von der sympathischen Lone Scherfig geschriebene und inszenierte Komödie bereitete nicht nur dem Berliner Publikum vergnügt-nachdenkliche Minuten, sondern war im nördlichen Nachbarland bereits ein ganz großer Erfolg.

Es ist wirklich ein Skandal, dass dieser sehenswerte Film über Monate von einem auf den nächsten Termin geschoben wurde, bis er nun dem deutschen Publikum präsentiert wird. Denn Scherfig erzählt in ihrer romantischen Tragikomödie auf wunderbar leichte, realistische Weise aus dem Leben von drei Frauen und drei Männern, die nach ihrem Glück suchen. Jeder der sechs Menschen, die im Mittelpunkt der noch wesentlich mehr Personen umfassenden Handlung stehen, hat auch schon die bitteren Seiten des Lebens kennen gelernt. Aber alle werden sie am Ende mit neuer Hoffnung in ihre kühle Heimat zurückkehren können.

Dass die sechs Hauptfiguren im Schlussteil des Films eine Reise nach Venedig machen, hat guten Grund: Fast alle sind sich in einem Sprachkurs begegnet, der sogar den plötzlichen Tod ihres Lehrers überdauerte. In dem nüchtern-sachlich eingerichteten Raum irgendwo in Dänemark hatten sie sich aus uneingestandener Sehnsucht nach einem anderen Leben mit der melodiösen italienischen Sprache versucht: Karen, die sinnliche Friseuse mit der verwirrten Mutter; Olympia, die verträumte Verkäuferin mit dem verbitterten Vater; Hal-Finn, der charmante Einzelgänger ohne Ehrgeiz; Andreas, der verwitwete Pastor ohne Gemeinde; Jorgen Mortensen, der tapsige Hüne mit mehrfachem Liebesdefizit.

Als sechste gesellt sich dazu die hübsche Kellnerin Giulia, die der Arbeit wegen aus Italien in den Norden gegangen ist, so gerne einen Mann hätte und schließlich ja auch einen bekommt. Angenehm unaufdringlich macht uns Scherfigs Film mit den Figuren bekannt, werden Querverbindungen und künftige Beziehungen erkennbar. Besonders anrührend sich die Frauenporträts von Karen, verkörpert von der energischen Ann Eleonara Jorgensen, sowie das scheue Reh Olympia, einfühlsam gespielt von der blonden Anette Stovelbaek. Die Rolle der Giulia hat die Italo-Dänin Sara Indrio Jensen inne.

Figuren, denen man gerne wieder begegnen möchte

Karen und Olympia werden nach dem Tod ihrer verbliebenen Elternteile mit einer ungeahnten Verwandschaftsbeziehung konfrontiert, die der Personenkonstellation des Films noch zusätzlichen Reiz gibt. Interessant ist auch der Einblick in den tristen Alltag der lutherischen Kirche Dänemarks, der über die Figur des Pastors Andreas vermittelt wird, den der in seiner Heimat sehr bekannte Anders W. Berthelsen mit glaubwürdiger Schüchternheit gibt. Andreas hat wenig gemein mit dem widerborstigen Draufgänger Hal-Finn, der sich Karen ganz anders nähert als der mächtig verklemmte, aber in seiner tapsigen Verliebtheit anrührende Jorgen Mortensen der von ihm angebeteten Giulia.

Peter Gantzler, in Dänemark äußerst populär, hat aus dieser Figur eine liebevoll-humorige Charakterstudie gestaltet, die ebenso in Erinnerung bleibt wie der für deutsche Ohren ulkig klingende Namen. Nicht, was in Lone Scherfigs Film geschieht, ist das Ereignis, sondern, wie es geschieht. Für nur 108 Minuten begegnen wir Menschen ohne Glanz, Glitzer und aufgesetzte Dramatik. Aber sie gewinnen schnell unser Interesse und wir verabschieden sie nicht ohne Wehmut als gute Bekannte, die man gerne einmal wiedersehen möchte.

Dass der Streifen ziemlich undogmatisch nach den Regeln des "Keuschheitsgelübdes" der dänischen Dogma-Filmer gedreht wurde, sei noch erwähnt. Über diese jeglicher Künstlichkeit und Überinszenierung abholden Regeln kann trefflich gestritten werden. Tatsache ist jedoch: Es kommen meist gute Filme heraus, wenn sie - mal mehr, mal weniger - befolgt werden. "Italienisch für Anfänger" beweist zum Glück für die Zuschauer erneut.

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