Neuer Film mit Tom Hanks "Ein Hologramm für den König" — in der Wüste gestrandet

Berlin · Tom Tykwer hat den tragikomischen Roman "Ein Hologramm für den König" von Dave Eggers verfilmt. Tom Hanks gibt den abgehalfterten Geschäftsmann beim letzten Deal, doch er macht ihn zum Clown und nimmt dem Stoff die Tragik.

 Tom Hanks in einer Szene seines neuen Films.

Tom Hanks in einer Szene seines neuen Films.

Foto: dpa, wok

Alan Clay hat verschlafen. Den Wecker, der ihn auf Trapp bringen sollte, bringt er gleich zum Schweigen. Früher hat der amerikanische Geschäftsmann Fahrräder verkauft, solide und beständig gebaute Jungsträume, doch in Fernost wurden die irgendwann billiger produziert. Nun arbeitet Clay in der IT-Branche, soll in Saudi-Arabien eine geplante Mega-City am Meer mit Hologramm-Telefonie ausstatten. Es ist seine letzte Chance: High-Tech für den König oder er ist auch seinen letzten Job los. Doch Clay ist innerlich schon so müde. Er weiß, dass er ein schwerfälliger Mann von gestern geworden ist, der zu viel Whiskey trinkt und schon lange nicht mehr an sich glaubt. Ein moderner Willy Loman — ein toter Handlungsreisender, den man in die Wüste geschickt hat. Und so verpasst er gleich das erste Meeting — Jetlag, am liebsten würde er für immer liegen bleiben.

Der amerikanische Bestseller-Autor Dave Eggers ist ein hellsichtiger Realist, der seine tragischen Helden in der Wirklichkeit findet und wahrhaftig porträtiert. Sein Alan Clay steht für das alte Amerika, das zu träge geworden ist für die Konkurrenz mit den agilen, technikberauschten, knallharten Chinesen. Und es ist nicht abwegig, dass Tom Tykwer diese Rolle in seiner Verfilmung von "Ein Hologramm für den König" mit Tom Hanks besetzt hat. Mit einem aufrechten, gutmütigen, eher behäbig wirkenden Hollywoodstar, der gerade in Spielbergs "Bridge of Spies" bewiesen hat, dass er den Typus des gutmütigen, von seinen Feinden unterschätzten Anwalts überzeugend verkörpert.

Und so durchströmt Hanks auch die ersten Szenen im "Hologramm für den König" mit seiner humorvollen Warmherzigkeit. Halb trotzig, halb resigniert sitzt er da vor seinem arroganten Chef und lässt sich in die Glut Saudi-Arabiens schicken. Weil er den Neffen des Königs kennt. Zumindest ist er ihm mal begegnet. Vor 20 Jahren.

Doch mit der Ankunft in Saudi-Arabien beginnt für Clay das demütigende Warten auf den König, der die neue Hologramm-Technik besichtigen soll. Seine Mitarbeiter hocken in einem leeren Zelt am Rande der Geisterstadt, manchmal weht Internetempfang vorbei. Meistens nicht. Die Geschichte wird absurder, damit auch tragischer, doch Tykwer weiß mit dieser Godot-Stimmung nichts anzufangen. Brav bebildert er die Szenen, und konzentriert sich auf die Komik, macht aus Tom Hanks den unbeholfenen Ami, der durch die Wüste stolpert, an Sekretärinnen scheitert und sich in einem fundemental islamischen Land Wiskey erflirtet.

Und Hanks steigt darauf ein, gibt eifrig den tumben Clown, der naiv durch ein verschlossenes Land streift und bald allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz eine Romanze beginnt. Das mutet an wie ein Märchen und beschert dem Film immerhin einen der wenigen wirklichen Kino-Momente: Nur im Meer können Clay und seine Geliebte einander unbefangen begegnen. Das verwandelt Tykwer in zeitlos schöne Bilder, die eine große Leinwand verdienen. Da ist er der alte Kinozauberer. Doch über weite Strecken wirkt sein Film ansonsten so behäbig wie sein Hauptdarsteller, daran können auch ein paar schlagfertige Sprüche des selbstironischen Geschäftsmanns nichts ändern.

Schwächen des Buchs im Film noch deutlicher zu sehen

Zudem treten Schwächen des Buches im Film noch stärker zu Tage. Da reicht es etwa noch nicht, dass Clay im Job nichts taugt, seine Familie zerrüttet ist und er das Studium seiner Tochter nicht mehr bezahlen kann. Zudem ist er auch noch mit einer Wucherung am Rücken geschlagen, die wächst und womöglich bösartig ist. Im Suff versucht Clay, das Ding selbst wegzuschneiden und landet schließlich im Krankenhaus, doch bei Tykwer wirkt auch das irgendwie klamaukig.

So berührt die Geschichte des kläglichen Clay wenig. Man ahnt ja längst, dass ein tragikomischer Versager seines Kalibers sich schief aus der Affäre ziehen wird. Die Globalisierung ist zwar eine unerbittliche Macht, die ehrenwerte Fahrradhändler aus den USA wider Willen zu einsamen Gestrandeten in der arabischen Wüste macht. Zu Rittern von der traurigen Gestalt, die nur noch zusehen können, wie andere das Geschäft abschließen. Doch Tykwer ist wild entschlossen, das lustig zu erzählen und verpasst damit den eigentlichen Ton der Geschichte, ihr tragisches Potenzial. So wird Saudi-Arabien zur harmlosen Kulisse, in der Taxifahrer zwar den Tod fürchten müssen, wenn sie mit der falschen Frau eine Affäre haben, ansonsten aber bestens aufgelegt sind. Und schwadronierend durch ihr Land kurven, und natürlich die beste Stelle für das Mittagsmahl kennen.

"Ein Hologram für den König" hätte er ein traurig-komischer Film über die Gegenwart werden können, über die Verlierer in einem System, das Menschlichkeit nicht verzeiht. Aber dazu hätte es eines Hauptdarstellers bedurft, der seiner Sache nicht so sicher ist. Und eines Regisseurs, der nicht die ganze Zeit großes Kino machen will. Dieser Tykwer ist so durchsichtig und substanzlos wie die Hologramme, die Clay verkaufen muss.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort