"Die Wolken von Sils Maria" im Kino Binoche im Duell mit Kristen Stewart

Düsseldorf · Olivier Assayas lässt in seinem leicht verquasten Drama "Die Wolken von Sils Maria" die großartige Juliette Binoche als alternde Diva auf den früheren "Twilight"-Star Kristen Stewart treffen und erzählt vom Schmerz des Älterwerdens.

"Die Wolken von Sils Maria": Juliette Binoche im Duell mit Kristen Stewart
Foto: dpa, cdt

Für Valentine ist es ein Spiel. Als Assistentin einer Filmdiva weiß sie, wie die PR-Maschine funktioniert, was sie über Maria Enders an die Presse geben darf und wie sie das Maria verkaufen muss, damit die mitzieht. Valentine hat das Internet immer im Blick, das Handy ständig im Gebrauch und kann genauso mit analytischer Finesse über die Abgründe literarischer Figuren parlieren. Sie ist selbstbewusst, zielstrebig, schlau und Kristen Stewart spielt diese Figur mit wunderbarer Abgebrühtheit. Wahrscheinlich muss man "Twilight"-Star gewesen sein, um so viel trockene Arroganz, so viel kluge Verächtlichkeit gegenüber dem Filmgeschäft in eine Rolle legen zu können.

Juliette Binoche dagegen ist die Vertreterin des alten, leidenschaftlichen Autorenkinos, eine Diva, die mal verführerisch, stürmisch, avantgardistisch war und zu klug ist, um nicht zu wissen, dass ihre Zeit vorbei ist. Doch sie hat nicht die emotionale Robustheit ihrer jungen Assistentin und so beobachtete sie Valentine neidisch fasziniert und drangsaliert sie ein wenig, weil sie eifersüchtig ist. Auf deren Jugend. Auf das Bewusstsein, noch nichts im Leben verpasst zu haben.

Zwei sehr unterschiedliche, aber höchst präsente Schauspielerinnen schickt der Franzose Olivier Assayas in seinem Drama "Die Wolken von Sils Maria" in die Schweizer Berge. Maria soll erneut in einem Theaterstück auftreten, in dem ihr 20 Jahre zuvor der Durchbruch gelang. Doch soll sie diesmal nicht die junge Heldin spielen, sondern die ältere Figur, die sich aus Liebe zur jüngeren das Leben nimmt. Mit ihrer Assistentin studiert sie in den Bergen die Rolle ein. Dabei mischen sich die Zeiten, spiegeln sich die Ebenen: Maria kehrt in Gedanken zurück an den Beginn ihrer Karriere, und das Verhältnis zu ihrer Assistentin ähnelt immer mehr der Beziehung im Stück. Doch Assayas macht daraus keinen Psycho-Thriller, treibt Juliette Binoche nicht in Wahn und Melancholie, sondern beobachtet zwei Frauen mit ähnlichem Ehrgeiz, aber unterschiedlichen Temperamenten und zeigt darin den Wandel der Zeit und der Mentalitäten.

Das gelingt phasenweise großartig, weil Juliette Binoche völlig altersunabhängig diesen klugen Charme versprüht. Und weil Kristen Stewart ihr durchaus gewachsen ist in ihrem selbstbewussten Pragmatismus, in ihrer ganz und gar ungrüblerischen, von keinen Zweifeln angekränkelten Art.

Leider bremst Assayas das Spiel der beiden immer wieder durch lange Dialogpassagen, in denen sie Rollen proben und diskutieren. Da fallen dann zwar schlaue Sätze über das Wesen der Schauspielerei und die Interpretation zweier Frauenfiguren. Doch man geht ja ins Kino, um all das zu erleben. In "Sils Maria" wird zu viel übers Spielen geschwätzt, statt zu spielen. Trotzdem hängt diese Geschichte einem länger nach. Vermutlich, weil sie in eigenwilligen Wendungen vom Erkalten des Ruhms erzählt. Und das ist auch nur eine Spielart von Vergänglichkeit.

(RP)
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