Drama "Barfuß auf Nacktschnecken" Diane Kruger überzeugt als Clara

(RP). Man weiß nicht genau, was Lily hat, aber sie ist zu kindlich für eine Erwachsene, sie lackiert dem Truthahn die Krallen, und manchmal nuckelt sie am Daumen. Sie lebt in einer Fantasiewelt, und ihr Hauptquartier ist die Scheune hinter dem Haus.

Ausschnitte aus "Wasser für die Elefanten"
9 Bilder

Ausschnitte aus "Wasser für die Elefanten"

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Lily lebt mit ihrer Mutter und vielen Tieren auf dem Land, aber die Mutter stirbt, und nun hat Lily nur noch ihre Schwester Clara. Clara ist etwas älter als Lily, sie studierte Jura und arbeitet in einer Pariser Kanzlei, ihr Chef ist zugleich ihr Ehemann, sie ist das Gegenteil ihrer Schwester. Als sie Lily mitnimmt, flieht die jüngere Frau aus der Stadtwohnung, sie irrt durch die Straßen, es geht gerade noch gut. Wenn sie sich kümmern will, muss Clara zu Lily ins Haus der Mutter ziehen.

Das ist die Ausgangssituation des stimmungsvollen Films "Barfuß auf Nacktschnecken". Die Regisseurin Fabienne Berthaud steckt mit den ersten Bildern den Rahmen der Handlung ab und gibt alsbald ihren beiden Hauptdarstellerinnen Gelegenheit, die Figuren auszugestalten. Ludivine Sagnier spielt Lily, das ist keine leichte Aufgabe, aber die 31-Jährige, die viele aus Francois Ozons Filmen "8 Frauen" und "Swimmingpool" kennen dürften, macht das sehr gut. Sie ist nie zu laut, das Anderssein Lilys vermittelt sie mit naivem Nachdruck, mit verspielter Aufrichtigkeit.

Diane Kruger steht ihr gegenüber, und wer dachte, mehr als Nebenrollen in Großproduktionen wie "Troja" kann die 34-Jährige nicht, sieht sich getäuscht. Kruger macht die Wandlung von Clara sehr schön nachvollziehbar. Das ist eine Frau, die sich in der Provinz mit Hilfe der Schwester befreit, die das naive Leben schätzen lernt und sich allmählich verändert.

Fabienne Berthaud gibt viel Farbe auf die Leinwand, jede Wiese ist satt grün, jedes Kleid leuchtet, und die Kornfelder sind so gelb wie Fanta. Manchmal geht es ein bisschen esoterisch zu, dann klingt das populäre "Geh, wohin dein Herz dich trägt" aus der Sachbuch-Bestenliste an, aber man schaut doch immer gern zu. Die besten Szenen zeigen die beiden Frauen in jenen Tagen, da die Wohngemeinschaft wider Willen zur neuen Lebensform wird, in den Momenten, da Clara über Lilys Scherze zu lachen beginnt und aus Schwestern Freundinnen werden. Ein Sommerfilm, am Ende strahlt die Sonne, und im Kopf des Zuschauers fliegen sanft widerständige Parolen herum. Sorge dich nicht, lebe.

Bewertung: 3 von 5 Sternen

(RP)
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