Kino-Kritik Der Räuber Hotzenplotz: Macht nur Kinder froh

Ottfried Preußlers "Der Räuber Hotzenplotz" ist der Lieblingsbösewicht der deutschen Kinderliteratur. Mit Schlapphut, Rauschebart und seiner berüchtigten Tollpatschigkeit entsteigt er am 23. März in Person von Armin Rhode dem (Kino-) Unterholz. Der Unhold bekommt es dabei mit Kasperl, Seppel, der Großmutter und Wachtmeister Dimpfelmoser zu tun.

Der Räuber Hotzenplotz
25 Bilder

Der Räuber Hotzenplotz

25 Bilder
Foto: Constantin Film

Der Räuber Hotzenplotz, den zumindest in Deutschland jedes Kind kennt und der in 34 Sprachen übersetzt wurde, gehört zum nationalen Kulturgut. Bereits 1974 wurden die Kinderbücher mit dem unsterblichen Gert Fröbe in der Titelrolle verfilmt. Armin Rohde, der zur Zeit angesagteste Grobian des deutschen Films, tritt als raubauzig-tollpatschiger Zausel recht erfolgreich in Fröbes breite Fußstapfen. Auch mit einer tüdeligen Christiane Hörbiger als Großmutter und einem giftigen Rufus Beck als Zauberer in den einstigen Rollen von Lina Carstens beziehungsweise Josef Meinrad bemüht sich die Verfilmung, an die Qualität des Vorgängers anzuschließen.

Zumindest für erwachsene Augen gelingt dies nur teilweise. Weil diesmal zwei Hotzenplotz-Geschichten zusammengeflickt wurden, wirkt die Handlung oft holprig: Hotzenplotz wandert raus aus der Räuberhöhle und rein in den Knast und retour. Kasperl und Seppel werden zwei Mal gekidnappt, die Oma bekommt doppelt Stress, und die arme Fee Amaryllis (TV-Moderatorin Barbara Schöneberger als ungewöhnlich handfeste Schöne) zaubert ewig hin und her, bis die Doofis inklusive des Wachtmeisters und seiner angebeteten Hellseherin endlich frei sind. Nur Zauberer Petrosilius Zwackelmann, Hotzenplotz' Komplize, wird gleich im ersten Anlauf besiegt und in eine Miniaturburg verbannt.

Mit seiner nostalgischen heilen Welt erweckt der Film, der in einem behäbig fränkischen Dorf und im Böhmerwald gedreht wurde, zwar (ähnlich wie die in Bamberg gedrehten "Sams"-Kinderfilme) eine spezifisch deutsche Gemütlichkeits-Tradition zum Leben, die mit Dimpelmosers Pickelhaube stilistisch ungefähr der "guten alten Zeit" des beginnenden 20. Jahrhunderts nachempfunden ist. Aber auch da steckt der Teufel im Detail, wenn im Hintergrund etwa versehentlich ein Lieferwagen durch die Idylle fährt. Und wenn die Großmutter Sauerkraut und Wurst kocht, dann sollte diese bitteschön auch Bockwurst genannt werden und nicht wie vom hungrigen Hotzenplotz "Bratwurst".

Zu viel Bieder- und zu wenig Hintersinn

Lieblos wirkt auch die unbedarfte Computeranimation von Hündchen Wasti, das Fräulein Schlotterbeck versehentlich in ein Krokodil verwandelt hat. Und die Menschen kommen gelegentlich so hölzern daher wie die Marionetten, die der Film-Vorspann zur Einstimmung zeigt: Dramaturgische Leichtfüßigkeit ist sichtlich nicht die Stärke von Regisseur Gernot Roll, der vor allem als langjähriger Kameramann Meriten erwarb. Die Gratwanderung zwischen Kasperle-Naivität und biederer Klamotte gelingt nicht immer, und besonders im Vergleich mit angelsächsischen Kinderfilmen lässt das Räuber-und-Gendarm-Märchen Charme und Hintersinn vermissen.

Kinder werden das inszenatorische Geschlampe aber kaum bemerken, zumal sich die Basis von Preußlers Humor als unkaputtbar erweist. Die Bösen rollen mit den Augen, sind aber klammheimlich lieb, die Guten dafür auch mal schlitzohrig. Zwackelmann ärgert sich furchtbar, weil er die Kartoffeln nicht per Zauberspruch geschält kriegt, und der grimmige Hotzenplotz präsentiert sich als panischer Hypochonder. Wenn Seppel nach Pilz-Genuss trickreich seinen Bauch aufbläht, gerät dies nur einen Augenblick lang in die Nähe der Furzorgien amerikanischer Kinderunterhaltung. Zumindest kleine Kinder finden solche Harmlosigkeiten einfach toll, wie das Gegickel bei der Filmvorführung bewies.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort