Film-Kritik Der Manchurian Kandidat: Ferngesteuerte Politik

Die Präsidentschaftswahlen sind vorbei, aber Amerikas Vorliebe für düstere Verschwörungsfantasien noch lange nicht. Der Politthriller "Der Manchurian Kandidat" beschäftigt sich mit der Frage, welche Gefahren der Demokratie drohen, wenn die Gedanken des Kandidaten für das Amt des US-Vizepräsidenten kontrolliert werden. Am 11. November kommt die Antwort mit Stars wie Denzel Washington und Meryl Streep in die deutschen Kinos.

Sympathieträger Washington spielt in dem von Jonathan Demme inszenierten Film einen Armee-Captain namens Bennett Marco, der mit wachsendem Unbehagen den rasanten Aufstieg seines ehemaligen Golfkriegskameraden Raymond Shaw zum Kandidaten für die Vizepräsidentschaft der USA verfolgt. Marco, der Shaw lange als seinen Retter aus lebensgefährlicher Lage im irakisch besetzten Kuwait des Jahres 1991 bewundert hatte, findet immer mehr Hinweise auf ungeheuerliche Vorgänge, deren Schlüsselfigur Shaw zu sein scheint.

Dieser Shaw, beeindruckend hintergründig verkörpert von Liev Schreiber, wird nicht nur von skrupellosen Kräften im Dunkel gesteuert, sondern auch von seiner ehrgeizig-dominanten Mutter, der Senatorin Eleanor Prentiss Shaw. Oscar-Preisträgerin Meryl Streep spielt furios diese von allen gefürchtete Politikerin, die für den Erfolg alles tut, in offensichtlicher Anspielung auf Hillary Clinton. Allerdings geht die Filmsenatorin viel weiter, als selbst die größten Verächter Hillary zutrauen würden.

Zu starker Tobak verdirbt die Wirkung

Denn Eleanor Shaw schreckt selbst vor Mord nicht zurück, um ihre Ziele zu erreichen. Wenn das alles kein gutes Ende nimmt und Amerika noch einmal und wieder mal in letzter Sekunde vorm Verhängnis gerettet wird, dann ist das einzig dem tapferen schwarzen Captain zu verdanken. Er deckt die Machenschaften einer Firma auf, die mit verbotenen Methoden Hirnwäsche und Fernhypnose betreibt, um ihren Betreibern und Hintermännern unermessliche Macht zu sichern. Dabei kann er auch auf die Hilfe eines befreundeten Wissenschaftlers zählen, der von Bruno Ganz als schelmischer Graukopf gespielt wird.

Für Filmhistoriker ist das alles nicht neu, denn bereits 1962 wurde der Thriller nach dem Roman "Der Manchurian Kandidat" von Regisseur John Frankenheimer mit Frank Sinatra in der Hauptrolle unter dem Filmtitel "Botschafter der Angst" in die Kinos gebracht. Demme und seine Drehbuchautoren haben die Neufassung allerdings aktualisiert. Wahrscheinlich ist das alles als sehr kritischer und auch warnender Hinweis auf den Zustand der amerikanischen Massendemokratie und ihre Gefährdungen gezielt. Aber so richtig unter die Haut vermögen weder die Geschichte noch die in ihr agierenden Personen gehen.

Eine subtilere Geschichte mit etwas weniger Gewalttätigkeiten und etwas tieferen Einblicken in einen verkommenen und manipulativen Politbetrieb hätten größere Wirkung beim Zuschauer entfaltet. So aber schaut man sich das hektische Geschehen mit dem Gefühl an, dass im Kino halt doch immer arg übertrieben wird. Aber genau das beraubt den handwerklich perfekt gemachten Film seiner beabsichtigten Wirkung - eine Chance wurde vertan.

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