Komödie "Nichts zu verzollen" Der Fall der Fritten-Mauer

Berlin (RPO). Alle Fans von "Willkommen bei den Sch'tis" müssen sich auf einen weiteren Kinogang vorbereiten: Ruben Vandervoorde hat sich mit Leib und Seele der Bewachung seines kleinen Königreichs verschrieben. Die größte Liebe des Zöllners gehört nun mal seiner Heimat Belgien. Deshalb ist er entsetzt, als in der Komödie "Nichts zu verzollen" im Zuge des Schengener Abkommens für das Jahr 1993 der Wegfall stationärer Grenzen innerhalb der EU anberaumt wird.

Zur Vorbereitung der belgisch-französischen Grenzöffnung soll der berüchtigte Franzosenhasser Ruben mit seinem französischen Kollegen Mathias Ducartel ein gemischtes Einsatzteam bilden.

Wem diese Problemlage bekannt vorkommt, der hat wahrscheinlich den Kassenknüller "Willkommen bei den Sch'tis" gesehen, in dem ein südfranzösischer Postler nach Lille in Nordfrankreich strafversetzt wird.

Auch diesmal führt "Sch'ti" Dany Boon Regie und übernimmt eine der Hauptrollen. Nun dreht er die Himmelsrichtung der Ressentiments um, wenn sich ein Belgier mit den arroganten "Camemberts", die seinesgleichen "Fritten" titulieren, arrangieren muss.

Und Mathias hat sich nur deshalb freiwillig für den Einsatz mit dem sturen Ruben gemeldet, weil er seit langem heimlich Rubens Schwester Louise liebt und sie endlich heiraten will.

Eher ein gemeingefährlicher Psychopath

Das Komödienrezept ist zwar ähnlich, doch das Ergebnis schmeckt diesmal etwas versalzen. So harmlos-albern wie beim Culture-Clash mit den Sch'tis geht es ein paar Dutzend Kilometer weiter nördlich leider nicht zu - nicht nur deshalb, weil das Grenzer-Paar Rauschgiftschmuggler dingfest machen muss.

Benoît Poelvoorde, der zuerst 1992 als Regisseur des schrägen Filmes "Mann beißt Hund" auf sich aufmerksam machte, ist als Zöllner Vandervoorde fast eine Fehlbesetzung. Wenn der Grenzbeamte Franzmänner schikaniert oder beim kleinsten Anlass wild um sich schießt, wirkt er eher wie ein gemeingefährlicher Psychopath denn wie ein hysterischer Patriot.

Fröhliches Belgier-Bashing

So gibt es mehr Blutvergießen, als es einer lustigen Komödie gut tut. Dem genialen Wutnickel Louis de Funès, an den man sich unwillkürlich erinnert, kann der durchgeknallte Vandervoorde nicht das Wasser reichen.

Seine Militanz verleiht den behaupteten belgisch-französischen Vorurteilen, die bei Nicht-Angehörigen dieser Staaten ohnehin eher Unverständnis hervorrufen, eine völlig übertriebene Note.

Ein weiterer Makel besteht darin, dass die Witze ausschließlich auf Kosten der "Fritten" gehen, was deren Abneigung gegen "Camemberts" irgendwie rechtfertigt. Zudem gibt sich die deutsche Synchronisation viel weniger Mühe als bei den Sch'tis, die sprachlichen Unterschiede zu formulieren.

Trotz dieser Baufehler aber hat die Zöllner-Krise Szenen, die zum totlachen sind. Die Stärken der Komödie liegen in beiläufigen Gags, in denen etwa ein "Männeken Pis" zum Einsatz kommt, im flinken Wortwitz oder bei gut aufgelegten Nebendarstellern wie einem Bistro-Betreiberpaar, unterbelichteten Gangstern und last not least einem Pudel und Rauschgift-Experten.

Außerdem erzeugt die charmante Rückblende in ein Europa der Grenzbäume recht nostalgische Gefühle. Dass inzwischen manche EU-Staatsgrenzen wieder dichtgemacht werden, bedeutet allerdings schlechtes Timing - doch dafür kann Dany Boon nichts.

(DAPD/csr)
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