Film-Kritik Das geheime Fenster: Mörderisches Manuskript

Der Protagonist in Stephen Kings Buch "Das geheime Fenster" ist ein Schriftsteller. Der Roman wurde nun verfilmt und ist ab dem 29. April in den deutschen Kinos zu sehen. Die Hauptfigur, gespielt von Johnny Depp, wird zum Spielball mysteriöser Mächte.

Für den Zuschauer ist nicht alles so mysteriös, denn wer King-Romane und -Filme wie "Misery" oder "Shining" kennt - und wer tut das nicht - wird des Pudels Kern bald erraten. Zumindest theoretisch, denn praktisch tut Regisseur David Koepp, der zum Beispiel in "Panic Room" und "Spider-Man" sein Talent als Drehbuchautor bewies, einiges, um den Zuschauer so lange wie möglich zu foppen.

Vorhang auf also für die x-te Variante eines allmählich verwahrlosenden Autors, der im abgewetzten Bademantel und mit Schreibblockade vor sich hin sumpft. Eigentlich stellt sein abgelegenes Holzhaus am See die ultimative Schriftstelleridylle dar - doch seit ihn seine schöne Frau Amy wegen eines anderen verlassen hat, ist Mort Rainey nur noch ein Schatten seiner selbst, stöpselt das Telefon aus und bewegt sich nur ungern von seiner Couch weg.

Aus seiner Lethargie holt ihn der Besuch eines schrägen Vogels mit schwerem Südstaatenakzent, der Mort des Plagiats beschuldigt: Er soll ihm eine Geschichte gestohlen haben. Da John Shooter offensichtlich ein gefährlicher Irrer ist, muss sich Mort in Trab setzen, um zu beweisen, dass seine Geschichte schon seit zwei Jahren veröffentlicht war, bevor Shooter sein angebliches Manuskript verfasste.

Jede Menge Fährten werden in diesem Psycho-Thriller ausgelegt, der zunächst verdächtig unblutig daherkommt und zum Beispiel den Mord am Hund des Autoren nur andeutungsweise zeigt; stattdessen gerät Mort immer mehr in Stress, muss er sich doch sowohl mit den Besuchen des durchgeknallten Shooters befassen wie mit seiner Exfrau Amy und deren neuem Partner, die verlangen, dass er endlich die Scheidungspapiere unterzeichnet.

John Turturro als karikaturhaft verbissener Psychopath

Der senile Polizeichef des verträumten Kaffs scheint insgeheim zu denken "Die spinnen, die Schriftsteller" und stickt lieber, statt sich um Morts Bedrohung zu kümmern. Als Zeugen und Beschützer umgebracht werden, Beweise verschwinden und Amys Haus abbrennt, glaubt sich Mort im Zentrum einer paranoiden Verschwörung. Die Kamera übernimmt konsequent die Ich-Perspektive des Opfers, das sich kopflos in die Sackgasse manövriert.

Die Musik von Philip Glass untermalt subtil die Spannungsmomente, die in klassischer Hitchcock-Manier inszeniert sind und deren Doppelbödigkeit doch noch für ein paar Aha-Momente sorgen. Ist es ein Zufall, dass Amys Liebhaber Ted von Timothy Hutton gespielt wird, der im King-Thriller "Stark" einen innerlich zerrissenen Schriftsteller mimte?

Koepp, der das Rad nicht neu erfinden will, tut gut daran, bereits von Anfang an eine gewisse Ironie walten zu lassen. Dabei hat er mit John Turturro als karikaturhaft verbissenem Psychopath und vor allem mit dem undurchschaubaren Johnny Depp ein Riesenglück. Man weiß ja nie so recht, ob Depp sich nicht insgeheim über seine Rollen mokiert - sein Spiel scheint wie bereits in "Fluch der Karibik" von einer spöttischen Distanz getragen, die ebenso viel Unberechenbarkeit wie Charme ausstrahlt.

Das rettet letztendlich auch diese Thriller-Stilübung, die ohne Depps Pokerface vor allem banal wirkte. So aber sieht man ihm bei seinen Umtrieben trotz vorhersehbarem Story-"Twist" gern zu. Und getreu Shooters Devise, dass das Ende einer Geschichte am wichtigsten ist, widerspricht der knackige Schluss frech allen Hollywood-Konventionen - und erzeugt mit seinem Galgenhumor beim Zuschauer zum Abschluss doch noch etwas Gänsehaut.

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