Film-Kritik Couchgeflüster: Liebelei mit Sohnemann

Rafi (Uma Thurman) hat nicht nur ein Problem, sondern ziemlich viele. Deshalb geht sie häufig zu ihrer Psychoanalytikerin (Meryl Streep). Und die rät ihr wohlwollend, Rafi solle sich nicht soviele Gedanken machen, ob ihr junger Lover zu ihr passt. Sondern lieber den Sex genießen. Wenn sie wüsste, um wen es sich bei dem neuen Schwarm ihrer Patientin handelt...

Couchgeflüster
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Foto: Tobis

Die Analytikerin Lisa ermuntert ihre frisch geschiedene 37-jährige Patientin so lange zur Sinnenfreude, bis sie aus deren Schilderungen heraushört, dass es sich bei ihrem Galan ausgerechnet um Lisas 23-jährigen Sohn David handelt. Als jüdische Mamme mit Sehnsucht nach vielen jüdischen Enkeln ist Lisa jetzt insgeheim entsetzt. Natürlich - das fordert die Logik einer Komödie - behandelt sie die "Schickse" Rafi weiter, ohne sie aufzuklären. Zerrissen zwischen Über-Ich und mütterlichem Es, zwischen Berufsethos, Sympathie für Rafi und Eifersucht, legt sich Lisa bei einer Kollegin selbst auf die Psychiater-Couch, um die Situation zu verkraften.

Eine zumindest kommerzielle Sünde begeht diese Frauenversteher-Komödie aus Hollywood'scher Produzentensicht, wenn sie die übliche Filmfantasie "reifer Mann - junge Frau" einfach umdreht. Und es sieht lange so aus, als ob der New Yorker Ben Younger es schafft, seine unorthodoxe und unaufgeregte Romanze auch von New-York-Klischees frei zu halten. Er inszeniert die Dreier-Komödie mit sicherem Blick für jüdische und kunstbeflissen-urbane Milieus, ohne die Stadtneurotiker-Manierismen eines Woody Allen zu imitieren. Es gibt ultrasmarte Dialoge, aber keinen schicken Zynismus à la "Sex and the City", obwohl Rafi zu jenem Frauentypus gehört, der in der TV-Serie glorifiziert wurde.

Bittersüße Two-Woman-Show

Und während sich vor pittoresken Originalschauplätzen zwischen dem unsicheren Maler und der zweiflerischen Karrierefrau eine zärtliche Affäre entwickelt, glänzt vor allem Meryl Streep als unfreiwillige Dritte im Bunde. Wie sie als eulenhafte, brillentragende Freudianerin an ihrer kunstgewerblichen Halskette nestelt, wie sie sich während Rafis euphorischer Schilderungen des Penis ihres Sohnes vor Scham am liebsten im Sessel verkriechen würde, - das verrät ein komisches Talent, das sonst viel zu selten gefordert ist. Und die schlaksige Uma Thurman, einst Rachegöttin in "Kill Bill", war nie so umwerfend wie als süße, verletzliche Rafi.

Obwohl die Geschichte aus drei Blickwinkeln erzählt wird, entpuppt sie sich deshalb als östrogenlastige Two-Woman-Show: Eingeklemmt zwischen der dominanten Mama und dem geballten Charme der Freundin, hat der brave David wenig Spielraum. Die Paarkonflikte zwischen dem schlampig-impulsiven, aber einfühlsamen Jungspund und der kultivierten Rafi sind nicht halb so interessant wie der verdeckt geführte Kampf zwischen Mutter und Geliebter, deren biologische Uhr unüberhörbar tickt. Spätestens dann, wenn Lisa sich outet, verliert der amüsante Film seine Würze und enttäuscht mit einem konventionellen Ende mit Prädikat bittersüß.

(ap)
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