Episodenfilm über Alltagsdrogen Coffee and Cigarettes: Jim Jarmusch lädt ein

Leute, die immer noch dem Glimmstängel huldigen, werden in den USA bekanntermaßen geschnitten, Kaffee darf man noch trinken, aber sonst sind die Möglichkeiten eher beschränkt im Genussbereich. Regisseur Jim Jarmusch huldigt nun auf witzige Weise ausgerechnet diesen "Alltagsdrogen" - in seinen neuesten Episodenfilm "Coffee and Cigarettes" voller Witz und bekannter Schauspieler.

Noch nie sind binnen 96 Minuten auf der Leinwand sind so lustvoll Rauchschwaden ausgeatmet, ist Kaffee so literweise getrunken worden wie in Jim Jarmuschs Streifen. In insgesamt elf Kurzfilmen sieht man eigentlich nichts anderes als Menschen, die reden, rauchen und Kaffee trinken. Letzteres gesundheitsgefährdendes Laster ist auch in den USA noch nicht verpönt, ergibt aber im Zusammenhang mit dem exzessiven Zigarettenverbrauch der Filmfiguren eine oft witzige und immer sehr unterhaltsame Attacke auf die öffentliche Verbrauchermoral der Amerikaner. Den beteiligten Schauspielern, darunter so prominente Namen wie Roberto Benigni, Cate Blanchett, Bill Murray und Alfred Molina, bereitet es sichtlich größtes Vergnügen, am neuen Geniestreich von Jarmusch beteiligt zu sein.

Schon die erste Episode unter dem Titel "Strange to meet you" ist ein köstliches Vergnügen. Zwei Männer, dargestellt von Benigni und Steven Wright, treffen sich, geben sich genervt vom Leben, sind aber darin einig, in Zigaretten und Kaffee ihre besten Freund zu haben. Der eine gar trinkt Kaffee in großen Mengen vorm Zubettgehen, damit er in Formel-1-Geschwindigkeit träumen kann. In der dritten Episode "Somewhere in California" sehen wir die gealterten Musiker Tom Waits und Iggy Pop bei einem ebenso absurden wie tiefgründigen Gespräch von zwei Männern, die mit dem Rauchen aufhören wollen, es aber wundervoll finden, jederzeit wieder eine Zigarette zu konsumieren - und das auch ununterbrochen tun...

Filmmusik ist schon den Eintritt wert

Die Entstehungsgeschichte von "Coffee and Cigarettes" geht zurück bis zum Jahr 1986, in dem Jarmusch fürs US-Fernsehen die erste Episode mit Benigni und Wright realisierte. Daraus entwickelte sich das Langzeitprojekt für eine Kinoproduktion, die nun zum Abschluss gelangt ist. Alle elf Teile wurden schwarz-weiß mit wiederkehrenden optischen Motiven gedreht, stets umkreist die Kommunikation die zwei Alltagsdrogen. Die meisten Mitwirkenden sind gute Freunde und künstlerische Weggenossen Jarmuschs, der mit seinen Kultfilmen "Stranger Than Paradise" (1983) und "Down by Law" (1986) zum berühmtesten unabhängigen amerikanischen Filmemacher wurde und das auch noch immer ist.

Wie stets in den Werken Jarmuschs, der auch die Drehbücher aller Episoden verfasst hat, spielt Musik eine große Rolle. Von Gustav Mahler und Henry Purcell bis Tom Waits, Iggy Pop und The Skatalites hat der Film einen Soundtrack, der allein schon das Eintrittsgeld wert ist. Gewiss sind die Filmepisoden nicht von gleicher Qualität. Aber das beeinträchtigt den Genuss an "Coffee and Cigarettes" kaum. Und wer nach diesem Erlebnis das Kino verlässt, der muss sich einfach ganz schnell einen Glimmstängel anzünden und eine Tasse stärksten Gebräus bestellen. Gesund ist das nicht, aber solche Filme schaut man sich ja auch nicht jeden Tag wieder an.

(ap)
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