Film-Kritik Brokeback Mountain: Verpasste Chancen

"Brokeback Mountain" war in diesem Jahr für acht Oscars nominiert. Erhalten hat er drei: Für das beste Drehbuch, die beste Regie und die beste Musik. Die Geschichte über zwei einsame Cowboys, die sich ihre Liebe zueinander nicht eingestehen können, weil die Zeit noch nicht reif ist, hat der taiwanesische Regisseur Ang Lee so behutsam in Szene gesetzt, dass die Hauptdarsteller Heath Ledger und Jake Gyllenhaal furios aufspielen können.

Brokeback Mountain
21 Bilder

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Sie sind Cowboys, sehr jung, sehr wortkarg und auf der Suche nach einem Job. Zu Beginn lässt sich noch nicht erahnen, wie sehr einen die beiden Protagonisten und ihr Herzschmerz anrühren werden. Erstmal passiert auch noch nichts Besonderes, als sich Ennis (Heath Ledger) und Jack (Jake Gyllenhaal) gemeinsam ans Werk machen, auf dem Brokeback Mountain in Wyoming eine Schafherde vor Wilderern und Raubtieren zu schützen. Sie reden nicht viel miteinander. Der Abend, an dem Ennis ungefähr drei Sätze hintereinander von den Lippen bekommt und aus seinem Leben erzählt, ist eine Ausnahme.

Ennis' Eltern sind früh gestorben und bei seinem Bruder ist nach dessen Heirat kein Platz mehr für ihn. Im Winter will er Amy heiraten und spart auf eine eigene Ranch. Jack ist auf dem Brokeback Mountain, weil er seinem Vater nichts recht machen kann und Luftveränderung brauchte.

Lonely Hearts in der Wildnis

Die beiden lonely hearts passen gut in die Landschaft der zerklüfteten Berge, der unendlichen, von wilden Flüssen durchbrochenen Weiten. Hier sind sie mit sich, den Schafen und einem Hund allein. Das gibt ihnen die Möglichkeit, sich anzunähern, jeden Tag ein Stück mehr. Irgendwann ist da dann diese gemeinsame Nacht, die ihr Leben für immer verändern wird.

Ennis versucht am nächsten Morgen, mit barschen Bemerkungen das Geschehene rückgängig oder wenigstens zu etwas Bedeutungslosem zu machen. Er sei auf keinen Fall schwul, sagt er zu Jack. Kurze Zeit später entschuldigt er sich und hat schon diese Qualen der Angst in seinem Blick. Angst vor dem, was sie mit ihrer Geschichte heraufbeschwören in der Zeit der frühen Sechziger, als man gerade in der amerikanischen Provinz keineswegs lässig mit schwuler Liebe umging.

Die Trennungen, die Wiedersehen. Die vergeblichen Bemühungen von Jack, seinen Liebsten dazu zu überreden, ein gemeinsames Leben zu wagen. Das Unglück der beiden Frauen, die Männer an ihrer Seite haben, die sich nach anderen sehnen - "Brokeback Mountain" ist ein Film über die Unfähigkeit von Menschen, von der Liebe zu reden und in ihrem Namen zu handeln. Und irgendwann ist es dann zu spät.

Kloß im Hals

Ang Lees Werk ist zutiefst bewegend und auf eine grandiose Art gemacht. Es wird nicht alles gesagt, erklärt und ausgereizt. Nichts ist dramaturgisch übertrieben, nichts unglaubwürdig aufgesetzt, nichts verkitscht. Es ist ein Film über den Kloß im Hals, der vom Unausgesprochenen kommt. Über den Schmerz in der Brust, den das Nicht-Gewagte verursacht.

"Jack, ich schwöre", sagt Ennis am Schluss, ohne den Satz zu beenden. Ang Lee schafft es, den Zuschauer spüren zu lassen, was Ennis ihm alles verspricht. Und man möchte nur noch in die Welt hinausschreien, dass alle doch verdammt nochmal alles riskieren sollen, wenn sie lieben.

(afp)
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