Drama "Kein Mittel gegen Liebe" Bis dass der Tod uns scheidet

Düsseldorf · Kate Hudson spielt in dem Drama "Kein Mittel gegen Liebe" eine Karrierefrau. Bei ihr wird Darmkrebs diagnostiziert, sie hat nicht mehr lange zu leben. In dieser schwierigen Zeit trifft sie die große Liebe. Regisseurin Nicole Kassell inszeniert das Thema allzu harmlos.

Die vergnügungssüchtige Frau, die erst im Angesicht des Todes wahre Liebe empfinden kann, ist ein fester Bestandteil der Kulturgeschichte. Oder besser: war es. Denn weibliche Promiskuität wird nicht mehr so negativ bewertet wie im Zeitalter der "Kameliendame".

Die Frau von heute darf ihre Partner wechseln und danach immer noch die große Liebe finden; das eine schließt das andere nicht aus. Doch ganz ausgestorben ist die Vorstellung, eine Frau müsse für ihr wildes Leben bestraft werden, noch lange nicht. Man sieht das an Filmen, die vom Sterben handeln.

Karrierefrauen oder sexuell aktive Frauen

Wenn bei einem Mann Krebs diagnostiziert wird, ist das — im Kino jedenfalls — ein willkürlicher Schicksalsschlag. Bei Frauen wird gern ein kausaler Zusammenhang zwischen Lebensweise und Krankheit suggeriert.

Krebs scheint vor allem Karrierefrauen oder sexuell aktive Frauen zu betreffen, und Marley Corbett, die Heldin von "Kein Mittel gegen Liebe", ist beides. Gleich zu Beginn des Films verschläft die Werbefachfrau und kommt zu spät zu einer wichtigen Präsentation.

Mit ihrem unwiderstehlichen Charme erreicht sie trotzdem, dass der Kunde, ein alteingesessener Kondomhersteller, einen Vertrag mit ihrer Firma abschließt. Mit Kondomen kennt sie sich aus. Und die Firma dankt es ihr mit dem Posten der Vizepräsidentin.

Wahre Liebe im Angesicht des Todes

Dass Marley etwas im Leben fehlt, wird deutlich, als sie ihre beste Freundin Renee (Rosemarie DeWitt) besucht. Die ist hochschwanger, und vor diesem Hintergrund erhalten die Kondome eine andere Bedeutung. Sie sind kein lustiges Accessoire mehr, mit dessen Vermarktung eine Frau viel Geld verdienen kann.

Sie sind mit einem Mal ein Symbol für Marleys Angst vor Nähe. Natürlich fehlt es nicht an Bewerbern, der eine oder andere landet sogar in ihrem Bett, aber gemeinsames Einschlafen steht nicht auf dem Programm. Es gibt nämlich schon ein männliches Wesen in Marleys Leben, den Hund Walter.

So kann es nicht weitergehen, diese Botschaft haben schon zahlreiche Beziehungskomödien vermittelt. Die Karrierefrau muss lernen, Beruf und Privatleben miteinander zu vereinen. Und auch Marley findet die große Liebe, nur leider an einem zutiefst unromantischen Ort: dem Sprechzimmer eines Arztes, der bei ihr Darmkrebs diagnostiziert hat.

Kunstfigur als Lover

Diese Rolle wurde nicht mit einem glatten Hollywood-Schönling besetzt, sondern mit dem 1,70 Meter kleinen Mexikaner Gael Garcia Bernal ("Die Reise des jungen Che"), der selbst bei dieser teuren US-Produktion keinen Stylisten an sich heran gelassen hat.

Seine unvorteilhafte Frisur, über die man in einem anderen Kontext schmunzeln würde, steht für Integrität, sie kontrastiert mit der Künstlichkeit von Marleys gelackter Werbewelt. Der Rollenname lautet Dr. Julian Goldstein, womit die Figur etwas übercodiert worden ist: Latino, Jude.

Beim Versuch, das traditionelle Ärzteklischee zu vermeiden, geht dieser Film zu weit. Trotz Bernals natürlicher Darstellung bleibt Dr. Julian Goldstein Kunstfigur.

Der lange Atem fehlt

Die Regisseurin Nicole Kassell kommt vom Fernsehen und hat ein paar Folgen der Serie "Cold Case" inszeniert. Für einen Spielfilm fehlt ihr der lange Atem. Ihr gelingen jedoch einige wirkungsvolle Episoden. Jeder Auftritt von Kathy Bates als Marleys Mutter ist ein Genuss. Bedenklicher sind die Traumszenen mit Whoopi Goldberg als Gott. Der Versuch, einen Film über Krebs mit Humor zu versehen, verdient Anerkennung, bleibt jedoch halbherzig.

Um das Publikum bei Laune zu halten, verharmlost Kassell die Symptome der Krankheit: Marleys Gewichtsverlust wird behauptet, ist jedoch nicht zu sehen, und trotz Chemotherapie kennt sie keine Müdigkeit.

Das größte Manko des Films ist indes das Fehlen jeglicher Spiritualität. Denkprozesse finden bei Marley nicht statt, denn für die müsste sich die Regie Zeit nehmen. Nicole Kassell hat beim kommerziellen Fernsehen gelernt, wie man das Publikum am Umschalten hindert. Man muss Effekte liefern. Das tut sie auf Kosten der Glaubwürdigkeit.

Bewertung: 2 von 5 Sternen

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