"Bevor der Winter kommt" im Kino Begierde zerstört Beziehung

Den Film "Bevor der Winter kommt" inszenierte Schriftsteller Philippe Claudel. Es ist ein abgründiger Thriller entstanden.

"Bevor der Winter kommt" mit Daniel Auteuil und Kristin Scott Thomas
Foto: dpa, ImY

Es fängt harmlos an: Paul (Daniel Auteuil), der erfolgreiche Neurochirurg, und seine Frau Lucie (Kristin Scott Thomas), die Haus und Garten in Schuss hält, haben sich auseinandergelebt. Doch sie wissen um das Glück, einander zu haben und pflegen es in Harmonie. Die wird plötzlich bedroht, als eine junge Frau dem Mann nachstellt, der ihr Vater sein könnte. Oder bildet Paul sich das ein und nimmt die Fremde als Vorwand, um sich aus dem Leben mit Lucie zu stehlen?

Zunächst ist es diese Frage, die für Spannung sorgt. Es sieht so aus, als beginne damit eine jener düsteren Geschichten aus dem bürgerlichen Leben, wie sie Frankreichs Regielegende Claude Chabrol (1930-2010) mehrfach erzählt hat. Doch der mit dem Roman "Die grauen Seelen" weltberühmt gewordene französische Schriftsteller Philippe Claudel verlässt im dritten von ihm inszenierten Spielfilm sehr schnell die Krimipfade. Statt Thrillerschocks auszubreiten, beleuchtet er mit erschreckender Stille die Untiefen des menschlichen Seins.

Der Thrill ist enorm. Denn die Psychogramme der drei Hauptfiguren entfalten mit Fortschreiten der Handlung mehr und mehr düstere Momente. Obwohl in der Story eher eine Nebenfigur, wird Lucie dabei zur Hauptperson für das Publikum.

Je mehr die Handlung fortschreitet, umso intensiver wird die Auseinandersetzung mit einem Problem, das wohl viele Paare kennen: Mit der Unmöglichkeit, die Kraft einer jungen Liebe über Jahre und Jahrzehnte zu bewahren. Daraus resultiert die Aufgabe, das Miteinander durch Anderes als durch die Lust der ersten Begierde zu halten und zu stärken. Wie der Film davon erzählt, das macht ihn zum bewegenden Drama.

(dpa)
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