Der Psychiater und der Macho Austherapiert - Robert De Niro in "Reine Nervensache 2"

Frankfurt/Main (rpo). Robert De Niro gibt sich im zweiten Teil von "Reine Nervensache" wieder die Ehre. Er spielt einen Mafiaboss, der mittels eines psychologischen Gutachtens aus dem Knast entkommen möchte.

Untrügliches Indiz dafür, wer in der Familie das Sagen hat, ist die Oberhoheit über die Fernseh-Fernbedienung: Solange der Mafiaboss Paul Vitti das Programm seiner Knastbrüder bestimmt, ist seine Welt auch hinter Gittern in Ordnung. Als ihm jedoch eine verfeindete Mafia-Familie an den Kragen will, muss Paul schnellstens raus aus dem Knast - mittels eines psychologischen Gutachtens seines leidgeprüften Seelenklempners Ben Sobel, der in der Komödie "Reine Nervensache 2" ein zweites Mal vom psychisch angeknacksten Mafioso zwangsverpflichtet wird - per Handy und mitten in der Beerdigungsfeier von Bens Vater.

Ging es in der Erfolgskomödie "Reine Nervensache" aus dem Jahre 1999 aber vorwiegend um den Kulturschock des bürgerlich-zimperlichen Sobel angesichts des gefährlichsten Mafioso von New York, so wird der Psychiater nun weit handfester in das kriminelle Geschehen hineingezogen. Das FBI, das Paul als Lockvogel im Mafiakrieg benutzen will, vergattert Ben nämlich dazu, den augenscheinlich verrückten Gangster bei sich zu Hause aufzunehmen.

Nicht sinnvoll weitergestrickt

Wie bei Fortsetzungen leider üblich, hat auch der renommierte Komödienregisseur Harold Ramis ("Und ewig grüßt das Murmeltier") es nicht geschafft, die Geschichte sinnvoll weiter zu stricken. Dennoch: Trotz des angestrengten und vom Zuschauer ebenso schwer durchschaubaren wie formelhaften Hin und Hers von Mafiabanden und FBI, von Unter- und Nebenhandlungen, macht die Komödie über den Mafioso auf der Couch dank ihrer vorzüglichen Darsteller immer noch ziemlich Spaß.

Man beachte nur Robert De Niros Performance, als er im Gefängnis einen Nervenzusammenbruch simuliert und in der Gummizelle mal "Maria" aus dem Musical "West Side Story" singt, mal, katatonisch erstarrt, sich von Sobels sadistisch angehauchten Psycho-Tests triezen lässt: Wer hätte je gedacht, dass der Amokläufer aus "Taxi Driver" so komisch sein kann? Nie war seine Mainstream-Popularität größer als in den letzten Jahren, in denen De Niro sich vornehmlich in Komödien zeigte.

Mit Billy Crystal als pusselig-bemühtem, politisch-korrektem Psychiater, der mit Hilfe des Machos Paul seine eigenen verdrängten Abgründe auslotet, hat er nach wie vor den idealen Sparring-Partner. Neben dem direkten therapeutischen Schlagabtausch mit Ben sind die Szenen am witzigsten, in denen Paul sich in bürgerlichen Berufen versucht. Da er jedoch als Autoverkäufer die Größe des Kofferraums anpreist, in denen sich Leichen unterbringen lassen, als Schmuckverkäufer Halluzinationen von einem Überfall hat, und als Kellner seine Gäste barsch maßregelt, scheitert jeder Versuch, innerhalb der Legalität Fuß zu fassen.

Parodie des Mafiabildes

Und weil De Niro selbst in seinen Mafia-Filmen das Idealbild eines Paten geschaffen hat, bereitet es umso mehr Vergnügen, ihm bei der Parodie jener Droh-Manierismen zu sehen. Selbst ein abgeschmacktes Handlungselement wie der Film-im-Film, bei kunstsinnigen Autorenfilmern abgeschaut, kann hier noch ein Schmunzeln hervorrufen: Paul wird von einem jungen Regisseur als Berater der Mafia-Serie "Little Caesar" engagiert und infiltriert mit seiner Gang im Dienste größerer Authentizität den gesamten Drehbetrieb. Der Zusammenprall zwischen "gespieltem" und "echtem" kriminellen Gebaren ist zwar nichts Neues, aber dank der gut getimten Dialoge und dank der vorzüglichen Nebendarsteller trotzdem ansehnlich.

Besonders Lisa Kudrow, die im ersten Film Bens Freundin und nun seine von Pauls asozialem Mitbewohnertum genervte Ehefrau spielt, und Cathy Moriarty, die einst De Niros Partnerin in "Raging Bull" war und jetzt eine brandgefährliche Mafia-Braut und Pauls größte Widersacherin ist, hätte man mehr Leinwandzeit gewünscht.

De Niro als tickende Zeitbombe, die vom Psychiater entschärft werden muss, ist aber nach wie vor die größte Attraktion und das Herz dieses Streifens, die einen die verzettelte Handlung vergessen lässt. Und jene spezielle Grimasse, mit der er seine Mundwinkel skeptisch nach unten in sein unrasiertes Kinn versinken lässt, die Augen bedrohlich zusammen gekniffen: Man kann nicht genug davon bekommen.

Am 9. Januar kommt "Reine Nervensache 2" in die Kinos.

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