Alle Kinokritiken-Artikel vom 19. Januar 2004
Trotz Eddie Murphy: Netter Disneyspaß in der "Geistervilla"

Trotz Eddie Murphy: Netter Disneyspaß in der "Geistervilla"

Weniger der wie üblich kalauerende US-Komiker Eddie Murphy als die perfekten Spezialeffekte und der britische Schauspielroutinier Terence Stamp sorgen in der neuen Disney-Komödie "Die Geistervilla" für die Höhepunkte. Somit reicht es zum Siegel: Nette Familienunterhaltung.Der ebenso smarte wie geschwätzige Immobilienmakler Jim Evers hat seiner hübschen Frau Sara und den beiden Kindern ein Wochenende am See versprochen, aber daraus wird nichts. Denn die schwarze Mittelschichtfamilie landet in einer schlossartigen Villa, die Evers kurz vor der Abfahrt zum Vermarkten angeboten wurde und in die er auf dem Weg zum Ziel des Kurzurlaubs eigentlich nur einen Blick werfen wollte. Welche Folgen das hat, zeigt Hollywoods Gespensterkomödie "Die Geistervilla" ab 22. Januar im Kino. Vollendete ManierenJedenfalls gibt es schon nach der Einfahrt in den verwilderten Park um das unheimliche Gebäude kein Zurück mehr für die Familie, schließt sich doch das schwere Eingangstor hinter ihnen wie von Geisterhand. Schwankend zwischen Bangen und Neugier erkundet die Evers-Familie das von prachtvoller Vergangenheit kündende, nun von Spinnweben und Staub erfüllte Innere der Villa. Plötzlich taucht ein bleicher Mann mit vollendeten Manieren und (jedenfalls in der Originalfassung) markantem britischem Englisch auf. Es ist der Butler, dessen adliger Herr, ein ebenso bleicher, sehr melancholischer Beau namens Edward Gracey, ebenfalls die Gäste wider Willen begrüßt. Schon bald allerdings wird sich zum Schrecken der Evers herausstellen, dass in der Villa auch noch jede Menge untote Seelen hausen, deren seltsames Treiben selbst den vorwitzigen Makler in Angst und Schrecken versetzt. Derweil kümmert sich Gracey in auffallender Weise um Ehefrau Sara, die den zum ewigen Leben verdammten Mann so sehr an seine verlorene große Liebe erinnert. Murphy wird von Routinier Terence Stamp ausgestochenUnd da der von Robert Minkoff inszenierte Film aus der Disney-Produktion 98 Minuten läuft, passiert noch so mancherlei, bis die Evers-Familie die Geistervilla verlassen kann. Bis dahin wird der Zuschauer nicht nur einigen tricktechnisch perfekten, jedoch kinderfreundlich milden Gruseleffekten ausgesetzt, noch mehr aber der Nervensäge Eddie Murphy, der als Immobilienmakler und Familienvater in gewohnt alberner Weise herumkalauert. Doch in diesem Film wird Murphy von Terence Stamp, einem profilierten englischen Schauspieler ("Priscilla - Königin der Wüste") glatt an die Wand gespielt: Stamp serviert als Butler ein so souverän-selbstironisches Kabinettstück abgründiger Arroganz, dass Murphy trotz seiner Hautfarbe sehr blass dagegen wirkt. "Die Geistervilla" ist harmlose Kinounterhaltung für die ganze Familie, mit solchen Filmen soll einfach nur viel Geld verdient werden. Das ist nicht anrüchig. Aber viele Gründe, sich mit der eigenen Eintrittskarte daran zu beteiligen, bietet die Gespensterkomödie außer Terence Stamps Auftritt kaum.

"Das Lächeln der Mona Lisa": Julia Roberts wärmt das Herz

"Das Lächeln der Mona Lisa": Julia Roberts wärmt das Herz

Wer sonst als Julia Roberts hätte die Hauptrolle in diesem warmherzigen Frauenfilm übernehmen können? In einer an den "Club der toten Dichter" erinnernden Geschichte vertreibt sie als unkonventionelle Lehrerin in einem Internat des Jahres 1953 den Muff aus den Köpfen ihrer Schülerinnen.Im Jahre 1953 ist die Welt noch in Ordnung in Wellesley, dem renommiertesten Elite-College für Frauen in den USA. Doch mit der Ankunft der neuen Kunstgeschichtsdozentin Katherine Watson (Julia Roberts) weht dem Muff der 50er Jahre ein frischer Wind entgegen: Katherine ist ein Freigeist, der den reichen Studentinnen moderne Kunst nahe bringen und sie zum unorthodoxen Denken bekehren will. Das bedeutet im Frauenfilm "Mona Lisas Lächeln" konkret, die intelligenten Mädchen vom konservativen Ideal der Kinder-Küche-Kirche-Karriere weg zu lotsen. Routinierte StilsicherheitDer Film versammelt mit Julia Roberts und mit jüngeren, semiprominenten Schauspielerinnen der Post-Roberts-Ära ein ansehnliches Ensemble und will offensichtlich eine Lanze für Emanzipation brechen. Die Hochglanzausstattung der höheren Töchter mit Perlenketten und Twinsets in gedeckten Farben wie auch das gepflegte Ostküsten-Flair von Wellesley sind schön anzusehen; die Ausführungen der hehren Katherine über moderne Kunst klingen toll. Mike Newell ( "Vier Hochzeiten und ein Todesfall") beweist bei Design und Darstellern routinierte Stilsicherheit. Die Mädchen aus der weißen Oberschicht betrachten die Zeit im College als Warteschleife, während der sie einen Mann angeln müssen, um anschließend ihr Leben als geknechtete Hausfrau zu fristen. Doch da fangen die inhaltlichen Ungenauigkeiten schon an: Die versnobten Upperclass-Zicken in Katherines Klasse werden wohl kaum je selbst zum Kochlöffel oder zum Staubsauger greifen, wie es ihnen ihre wütende Dozentin ausmalt, sondern dies von einer Schar schwarzer Hausangestellter erledigen lassen. Und da die Studentinnen, die bei sich zu Hause jene Van Goghs hängen haben, die Katherine ihnen im Kunstunterricht erklärt, ohnehin keinem ökonomischen Zwang zum Geldverdienen ausgesetzt sind, ist auch der Antrieb, einen Beruf zu ergreifen, nicht nur gesellschaftlich verpönt, sondern ein etwas abwegiger Gedanke - in einer Zeit, in der weibliche Selbstverwirklichung kaum als Idee existierte. Kurs über die richtige Manipulation des EhemannsEin Blumenstrauß von Stereotypen soll die salonfeministische "Message" bebildern: Katherines Hauptfeindin ist die fundamentalistische Hausfrauenideologin Betty, die mit geradezu talibanesischer Giftigkeit Katherine ihre Ehe- und damit Ehrlosigkeit vorwirft. Bettys Fiesheit wird exemplarisch bestraft mit einem Märchenprinzen als Ehemann, der sich als Frosch entpuppt. Um die Balance zu halten, muss die aufgeweckte Joan, die zunächst zwischen Heirat und Yale-Studium schwankt, dann doch in der traditionellen Frauenrolle aufgehen. Das ungestörte Triebleben ihrer Freundin Giselle dagegen wirkt in der Mädchenpensionats-Atmosphäre von Wellesley äußerst unwahrscheinlich. Im luftleeren Raum einer Soap-Opera bewegt sich auch Katherine, deren Progressivität aus einer ganz anderen als der konservativen McCarthy-Zeit zu stammen scheint. Als scheues Reh und bald angehimmelte Dozentin ist Julia Roberts wenig überzeugend, weil die Handlung selbst unglaubwürdig bleibt und zudem, bis in die Dialoge und eine lahme Liebesgeschichte mit einem Kollegen hinein, meist vorhersehbar ist. Brisantes ausgeklammertBrisante Themen aus der Praxis wie die ständige Angst der unverheirateten Mädchen vor Schwangerschaft werden nur angetippt; damals und heute Aktuelles wie der Kampf um die Vereinbarkeit von Ehemann, Kindern und Karriere überspringt dieser lauwarme Emanzipationsfilm mit einer Nonchalance, die an Ignoranz - oder an Absicht - grenzt. Ganz so dämlich können die Mädels aber nicht gewesen sein, wie ihr Spott und ihr aufmüpfiges Gekicher bei einem College-Kurs über die richtige Manipulation des Ehemannes verrät. Doch erst der Alibi-Abspann, der TV-Ausschnitte und Werbebilder der 50er Jahre vorführt, lässt authentisches Zeitkolorit und zugleich den gesellschaftlichen Druck auf Frauen erahnen. Und nicht nur einer Institution wie Wellesley, die Persönlichkeiten wie Hillary Clinton und Madeleine Albright hervorgebracht hat, wird dieser windelweiche, letztlich lieblose Film kaum gerecht.

"Paycheck": Amnesie-Thriller zum Vergessen

"Paycheck": Amnesie-Thriller zum Vergessen

Mit Ben Affleck und Uram Thurman in den Hauptrollen startet am Donnerstag John Woos neuer Action-Thriller "Paycheck" in den Kinos. Schade, dass der Kult-Regisseur ein vielversprechendes Thema so leichtfertig in uninspirierter Action verpulvert.Michael wacht eines Morgens auf, ohne zu wissen, was er in den drei Jahren zuvor getan hat. Er weiß nur, dass ein Scheck über 90 Millionen Dollar auf ihn wartet - der Lohn für seine Amnesie. Der Held des Thrillers "Paycheck", der am 22. Januar anläuft, ist ein anfangs skrupelloser High-Tech-Ingenieur. Seine Aufträge sind so geheim, dass nach ihrer Erledigung sein Gedächtnis ausradiert wird - doch wo es sich sonst um Wochen handelt, sind es diesmal ganze drei in den Diensten der Allcom Corporation verbrachten Jahre, die ihm fehlen. Glückskeks für die IdentitätVerstört muss der Yuppie jedoch feststellen, dass kein Scheck auf ihn wartet, sondern ein Umschlag mit Kleinkram, wie er sich auch in den vergessenen Untiefen einer Damenhandtasche befinden könnte: Ein Haarspray, eine Briefmarke mit Einstein drauf, eine Münze, ein Spruch aus einem chinesischen Glückskeks etc.: 19 Indizien, die sowohl Zukunft wie Vergangenheit entschlüsseln helfen. Es tauchen weiterhin eine Frau auf, die hartnäckig behauptet, seine Geliebte zu sein, sowie Killer der Allcom Corporation und FBI-Agenten, die Jagd auf ihn machen. Und man erfährt, dass Michael an einem Computer werkelte, der eine Vorausschau auf zukünftige Katastrophen erlaubt: insgesamt Ingredienzien, die einen spannenden Rätselthriller mit viel Gehirnjogging für den Zuschauer erwarten lassen. Prominenter Autor Als Vorlage diente eine Kurzgeschichte aus dem Jahre 1953 vom Schriftsteller Philip K. Dick, der eine unerschöpfliche Quelle für Sci-Fi-Filme darstellt: Klassiker wie "Blade Runner" und "Total Recall" sind ebenso von ihm inspiriert wie Steven Spielbergs "Minority Report". Doch Regie führte diesmal der Actionchoreograph John Woo ("Mission Impossible 2", "Face/Off"), dessen opulent-pathetischer Stil bereits Spektakel wie "Matrix" befruchtete. Und deshalb wandelt sich der eher tüftelige Thriller unvermittelt in eine Abfolge von Standard-Actionszenen mit Verfolgungsjagden, Explosionen und Zeitlupen-Schießereien, unterbrochen von Momenten mit Philosophie light. Das inhaltliche Potenzial wird dabei nie ausgeschöpft - wie etwa Überlegungen zu den Paradoxien der Zeitdimension, bei denen sich die Katze in den Schwanz beißt, über den Sinn einer Vorausschau in die Zukunft, die in der Gegenwart korrigiert werden kann, bis hin zum Drama einer Liebe, die durch simple Erhitzung des Gehirns im schwarzen Loch der Erinnerung versackt. Uma Thurmann fehlbesetztAll das versaubeutelt John Woo mit seinen üblichen Actionsequenzen, was umso bedauerlicher ist, da diese weniger bombastisch als gewohnt inszeniert sind. Also bietet der Thriller weder genug fürs Auge noch für die kleinen grauen Zellen. Hinzu kommt die unpassende Besetzung. Neben Ben Affleck ist Uma Thurman als so liebreizende wie feinsinnige Biologin und Wetterfee ein grandioser Fehlgriff, - selbst dann wenn sie ihre in "Kill Bill" erworbenen Randale-Qualitäten beweisen darf. Affleck, der wie gewohnt stumpf dreinschaut, macht sich dagegen gar nicht schlecht im eher kruden Sci-Fi-Universum des Philip K. Dick, in dem auch Arnold Schwarzenegger in "Total Recall" brachiale Größe gewann. John Woos uninspirierte Auftragsarbeit jedoch hinterlässt das enttäuschte Gefühl eines "Ist das alles?"; sein Markenzeichen der weißen Taube, die in jedem seiner Streifen aufflattert, wirkt diesmal unmotivierter als je zuvor: John Woo hat sich selbst parodiert.