Kinostart von "Certain Women" Sehnsucht in der Transitzone

Düsseldorf · Kristen Stewart ist der Star des großartigen Episodenfilms "Certain Women".

Dieser Episodenfilm heißt "Certain Women", die großartige amerikanische Regisseurin Kelly Reichardt erzählt darin drei Geschichten. In der schönsten spielt Kristen Stewart eine Juristin, die einmal in der Woche vier Stunden im Auto durch die Spätwestern-Landschaft Montanas fährt, um an der Abendschule in einem kleinen, windzerzausten Ort zu unterrichten. Sie hat das Engagement zusätzlich zu ihrem Hauptjob übernommen, sie ist schon vom Tag erschöpft, bevor sie ihren Kursus überhaupt beginnt, und danach flucht sie über den langen Rückweg. Trotzdem verliebt sich jemand in diese Person im Transit.

Eine junge Frau (Lily Gladstone), die auf einer Farm arbeitet, hat sich in den Kursus verirrt, und obwohl sie nichts von Rechtsprechung versteht und sie das Thema auch gar nicht interessiert, kehrt sie jede Woche wieder. Sie himmelt die ungefähr gleich alte Lehrerin mit dem anderen Leben an, sie bleibt stets bis zum Schluss, kommt mit der unleidlichen Frau ins Gespräch und begleitet sie ins Diner, wo die Fremde Hamburger isst, um sich für die Heimfahrt zu stärken. Einmal bringt die Frau von der Farm ein Pferd mit, damit Kristen Stewart von der Schule zum Restaurant reiten kann - es ist herzzerreißend.

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Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/Chris Pizzello

Beide Schauspielerinnen deuten lediglich an, nichts wird ausgesprochen, und an einem Abend verkündet ein neuer Lehrer, dass Stewart nicht mehr komme, er übernehme nun, denn ihr sei die Fahrerei zu anstrengend. Da setzt sich die Frau von der Farm in einen Pick Up und fährt selbst vier Stunden, und tatsächlich trifft sie ihre Lehrerin , aber das ist eine schmerzhafte Begegnung, ein stilles Drama aus kalter Sehnsucht und Müdigkeit.

Kelly Reichardt inszeniert hier Erzählungen der in Montana lebenden Schriftstellerin Maile Meloy, und sie tut das so zurückhaltend wie man das aus ihren Filmen "Wendy & Lucy" und "Meek's Cutoff" kennt. Es geht um die Leben von vier Frauen, sie sind lose miteinander verbunden, und auf welche Art, das erfährt man erst gegen Schluss. Da ist Laura Dern, die einen verheirateten Geliebten hat und einen Mann im Rechtsstreit mit seiner früheren Firma berät. Und da ist Michelle Williams, die ihren Mann nicht mehr liebt, aber ein Haus mit ihm baut.

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Foto: ap

Es sind Frauen in einer Durchgangszeit, ihre Biografien nehmen eine Wendung, aber es ist unklar, wohin sie führt. Reichardt benutzt lange Kameraeinstellungen, sie zeigt die Ruhe der schneebetupften Landschaft als Gegenbild zum aufgewühlten Innern ihrer Protagonistinnen. "Certain Women" ist ein toll gespielter und minimalistisch inszenierter Film über das Leben, über den Alltag. Er funktioniert wie eine Arthaus-Soap-Opera, der Wahrheitsgehalt ist hoch, und vor allem die Frau von der Farm geht einem lange nicht aus dem Kopf.

Certain Women, USA 2016 - Regie: Kelly Reichardt, mit Kristen Stewart, Michelle Williams, Laura Dern, 107 Min.

(hols)
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