„Jurassic World 3“ Die Dinos werden zur Landplage

Düsseldorf · Die einst von Steven Spielberg begonnene Reihe geht in eine neue Runde. Die Action ist hochwertig wie bei James Bond. Dennoch wirkt die Geschichte allmählich auserzählt.

 This image released by Universal Pictures shows, from left, Chris Pratt, Bryce Dallas Howard and Isabella Sermon in a scene from the upcoming "Jurassic World: Fallen Kingdom." (Universal Pictures via AP)

This image released by Universal Pictures shows, from left, Chris Pratt, Bryce Dallas Howard and Isabella Sermon in a scene from the upcoming "Jurassic World: Fallen Kingdom." (Universal Pictures via AP)

Foto: AP/Universal Studios and Amblin Entertainment

Als die Fischer ihre Fangkörbe aus dem Wasser ziehen, schnellt ein Dinosaurierkopf mit weit aufgerissenem Maul aus dem Wasser, schnappt sich den Krabbencocktail und zieht den Trawler gleich mit hinab in die Fluten. Szenen wie diese gehören mittlerweile zum Alltag in der Welt von „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ – dem dritten Teil der Remake-Trilogie nach Steven Spielbergs Dino-Klassiker aus dem Jahre 1993. Einst auf der Isla Nublar mittels Gentechnik zur Publikumsbelustigung in einem Themenpark herangezüchtet, haben sich die prähistorischen Reptilien aus dem Gefängnis befreit und in alle Welt verstreut. Auf dem Wolkenkratzer einer Metropole nisten die Flugsaurier wie Störche auf der Dorfkirche. Im Park füttern Kinder kleine ungefährliche Echsen, als wären es Tauben. In den Wäldern grast neben dem Damwild auch ein Brontosaurus.

Die Dinos sind zur Pandemie geworden, gegen die weder FFP-2-Maske noch Booster-Impfung helfen. Die Menschheit ist uneins, wie sie mit dem Phänomen umgehen soll. In den Umfragewerten hält sich die Forderung „Knallt sie alle ab“ die Waage mit der Befürwortung einer friedlichen Koexistenz zwischen Mensch und Sauriern. Und natürlich gibt es auch einen biotechnischen Großkonzern, der mit der Dino-DNA herumexperimentiert und sie für die Menschheit, aber vor allem für den eigenen Profit nutzbar machen will.

Regisseur Colin Trevorrow, der 2015 schon den ersten Teil des Relaunchs inszeniert hat, und seine Co-Drehbuchautorin Emily Carmichael tun gut daran, nach insgesamt fünf Folgen endlich die Saurierinsel zu verlassen, um die prähistorischen Tiere in die moderne Welt zu schicken. Denn auch wenn „Jurrassic World“ (2015) und das Nachfolgewerk „Jurrassic World: Das gefallene Königreich“ (2018) zusammen an den Kinokassen nahezu drei Milliarden Dollar eingespielt haben, machte vor allem der letzte Teil mit seiner mageren Drehbuchkonzeption den Eindruck eines hoffnungslos überfinanzierten B-Movies.

Zum Finale der Trilogie hat man sich ein wenig mehr Mühe gegeben. Mit der direkten Konfrontation zwischen menschlicher Zivilisation und einer äußerst diversen Dinoschar, eröffnet sich sowohl visuell als auch inhaltlich ein neues Spektrum. Außerdem führt das Drehbuch zum Abschluss das Personal beider Franchise-Generationen zusammen. Sam Neil und Laura Dern, die in Spielbergs Originalfilm bereits die paläontologische Fachkräfte Alan Grant und Elli Sattler verkörperten, sind ebenso mit im Boot wie der wunderbare Jeff Goldblum als Chaostheoretiker Ian Malcolm. Elli untersucht eine neuartige Heuschreckenplage, welche für verheerende Ernteverluste sorgt und eine weltweite Hungerkatastrophe auszulösen droht. Die Vermutung liegt nahe, dass die gefräßigen Rieseninsekten dem Labor des Gentech-Moguls Lewis Dodgson (Campbell Scott) entsprungen sind, dessen firmeneigenes Saatgut auf wundersame Weise von der Plage verschont bleibt.

So sammelt die Wissenschaftlerin ihren ehemaligen Kollegen und Liebhaber Alan ein und macht sich auf in die Dolomiten, wo der Konzern einen riesigen Firmencampus mit gut gesicherten Freigehege betreibt. Darin werden die gefährlichsten Sauriersorten zur biotechnischen Erforschung gehalten. In einem zweiten Erzählstrang werden die passionierte Dino-Expertin Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) und deren Lebensgefährte Owen Grady (Chris Pratt) aus den beiden letzten Franchise-Folgen ins Geschehen eingeführt.

Zurückgezogen im Einklang mit Natur und Sauriern lebt das Paar in der Wildnis, bis ihre Adoptivtochter Maisie Lockwood (Isabella Sermon) entführt wird. Deren leibliche Mutter war eine bekannte Genetikerin, und das Mädchen trägt den Schüssel zu den bahnbrechenden Forschungen in ihrem Körper. Die Spur führt auch hier zu der Firmenzentrale in den Dolomiten. Über einige veritable Action-Szenen werden die beiden Handlungsebenen schließlich zusammengeführt. Herausragend ist die Verfolgungsjagd kreuz und quer durch einen Schwarzmarkt für Dinosaurier auf Malta. Ein grandios choreografiertes Chaos aus Prügeleien mit finsteren Schurken, einem bunten Reigen an bissigen Reptilien und einer Motorrad-Jagd durch enge Altstadtgassen, die sich handwerklich fast auf James-Bond-Niveau bewegt.

Im letzten Drittel konzentriert sich der Plot jedoch leider auf die generische Kulisse der Biotech-Zentrale, wo neben der übersichtlichen Auflösung des Komplotts vor allem prähistorisches Großwild a la Tyranno Saurus Rex zum Einsatz kommt. Wie jedes Franchise-Finale leidet auch „Jurassic World“ in der Zielgeraden unter dem Epischen-Schlussgemetzel-Syndrom. Aber bis dahin wirkt das Verhältnis zwischen menschlicher Ensembleleistung und animalischen Digitalgewese angenehm ausgewogen. Jeff Goldblum als stylischer Wissenschaftsguru, DeWanda Wise in der Rolle der lässige Bruchpilotin und Campbell Scott als atypischer Bösewicht sammeln hier die meisten Coolness-Punkte.

Aber dieses Finale macht auch mehr als deutlich, dass der Dino-Stoff nun wirklich auserzählt ist. Von weiteren Relaunch-Versuchen möchte man verschont bleiben. Wie wäre es stattdessen einmal wieder mit einem Originalstoff, der ohne Zuhilfenahme von Jahrzehnte alten Vorlagen die vielen brennenden Themen unserer Zeit im Popkultur-Format verhandelt?

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