Neue Doku bei Sky Janet Jackson wird immer noch unterschätzt

Die 55-Jährige gehört zu den erfolgreichsten Popstars der vergangenen Jahrzehnte. Trotzdem steht sie meist im Schatten ihres großen Bruders Michael. Eine neue Doku bei Sky versucht gar nicht erst, daran etwas zu ändern.

 Janet Jackson im Jahr 2019.

Janet Jackson im Jahr 2019.

Foto: AP/Evan Agostini

Das hätte die Dokumentation werden können, die lange fällig und geboten ist: Sie hätte Janet Jackson endlich den Rang zuweisen müssen, der ihr zusteht. Die heute 55-Jährige verkaufte mehr als 160 Millionen Platten,  sie setzte sich in ihrer Musik und mit ihrer Bühnenpersönlichkeit schon Mitte der 1980er Jahre für Gleichberechtigung ein, für die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare, und sie engagierte sich gegen Diskriminierung. 1986 befreite sie sich vom Einfluss ihres übermächtigen Vaters und veröffentlichte den Millionenerfolg „Control“, ein Album, das ein derart starkes Statement weiblicher Selbstermächtigung und Befreiung war, dass es noch heute auf jüngere Kolleginnen wie Rihanna, SZA und Beyoncé wirkt, deren Song „Formation“ eine ausdrückliche Verbeugung vor Janet Jackson beinhaltet.

 Die vier Stunden lange und in vier Teile portionierte Produktion „Janet Jackson“ leistet all das jedoch nicht. Sie begnügt sich mit der Nacherzählung der bekannten Stories aus dem Leben der neben den Kennedys berühmtesten Familie der USA. Und, schlimmer noch: Man vernimmt darin zwar die Beschwerde, dass Janet Jackson allzu lange im Schatten ihres berühmten großen Bruders Michael gestanden habe. Aber Regisseur Benjamin Hirsch holt sie nicht ans Licht, sondern vergleicht sie mehrfach selbst mit dem einstigen King of Pop.

Janet Jackson sitzt vor der Kamera und redet, doch die Interviews dienen größtenteils dazu, alte Familienfilme aus dem Off zu vertonen. Alles wird mit Harmonie zugekleistert: Der Vater, der seine Kinder zum Erfolg trietzte, wird als Mann dargestellt, dem man alles zu verdanken habe. Und, das Schlimmste: Justin Timberlake, der Mitschuld trägt am großen Knick in Jacksons Karriere, wird als Freund bezeichnet.

Man erinnert sich: 2004, Halbzeitpause des Super Bowl. Jackson und Timberlake treten gemeinsam auf, Timberlake reißt an Jacksons Kleidung, eine Brust blitzt, Skandal. Jackson steht danach auf schwarzen Listen, Timberlake wird erfolgreicher denn je. Da hätte man einsetzen müssen, das wäre die Geschichte gewesen: Wie frauenfeindlich der Pop war und vielleicht noch ist, zumal Janet Jackson einst ein Vertrag mit einer großen Getränkefirma durch die Lappen ging, weil die ersten Missbrauchsvorwürfe gegen ihren Bruder aufkamen. Die sie im übrigen abtut: So sei Michael nicht gewesen.

Es wird viel geraunt in dieser Serie, die von Janet Jackson mitproduziert wurde. Hat sie wirklich eine geheime Tochter, wie es in den 1980ern hieß? Die Macher des Films echauffieren sich darüber, dass  mit dem Gerücht – an dem nichts dran ist – damals Kasse gemacht wurde. Sie benutzen es aber ihrerseits als Cliffhanger zwischen Episode eins und zwei. Männer spielen eine große Rolle, Vater, Brüder, Ehemänner und Lover, und kaum je wird angeführt, wie enorm die musikalische Leistung Jacksons gerade bei den Alben „Control“ (1986), „Rhythm Nation 1814“ (1989) und ihrem Meisterwerk „The Velvet Rope“ (1997) gewesen ist. Wie sie auf eigene Faust die Themen Rasse, Armut und das Aufwachsen als schwarze Frau mit innovativem R `n‘ B zur Debatte gestellt hat. „No, my first name aint Baby – it`s Janet!“, sang sie.

Einzig Promis wie Questlove und Missy Elliott dürfen kurz sagen, dass Jackson eine der wichtigsten Pop-Künstlerinnen der vergangenen Jahrzehnte sei und geradezu lebensverändernde Qualitäten besitze. Kaum einer führt das aber en detail aus. So bleibt am Ende immerhin die Lust, ihre Lieder zu hören. Vielleicht fängt man mit ihrem virtuosesten Stück an: „Got Til It’s Gone“ mit dem großartigen Joni-Mitchell-Sample. Die Sängerin Lizzo brachte es neulich bei Twitter auf eine Formel: „Janet Jackson: Queen of Pop“.

Info „Janet Jackson“ läuft in zwei Doppelfolgen bei Sky: ab 11. und 18. März.

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