Kritik am neuen Kinohelden James Bond - einfach zu blond

London (RP). Volles schwarzes Haar soll er haben, eine Tolle, die ihm über die Augenbraue fällt, als wäre sie "ein dunkles Komma". Südländischen Charme soll er verströmen, der Meisterspion, den Ian Fleming in seinen Thrillern skizzierte. Daniel Craig (38) ist blond, hat blaue Augen und eine Ausstrahlung der eher raueren Sorte. So gesehen, eine glatte Fehlbesetzung.

Casino Royale
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Foto: Sony Pictures

Selten haben sich die Geister derart gründlich an einem James Bond geschieden wie an diesem hier, dem Nachfolger des makellos-eleganten Pierce Brosnan. Craigs Kritiker, sie hatten noch keine einzige Filmminute gesehen, da begannen sie auch schon zu zetern.

Das Gesicht zu derb, die Ohren zu groß, dieser vierschrötige Bursche sei einfach zu hässlich, um Ihrer Majestät besten Agenten zu spielen, erregte sich eine Protestgruppe, die eigens eine Website "craignotbond.com" ins Internet stellte. Mit diebischer Freude verbreitete sie das Gerücht, wonach der Neue bei den Dreharbeiten zwei Schneidezähne verlor, zu ungeschickt, um sich richtig zu prügeln.

"Mehr Octopussy als die Lizenz zum Töten", polterte seinerseits Andy McNab, "um Himmelswillen, wieso nehmen sie einen, der Revolver verabscheut, nicht Auto fahren und keinen Faustschlag aushalten kann?" Der Hieb saß, denn McNab gilt als Autorität auf dem Gebiet der Meisterspione, was daran liegt, dass er als verwegener Soldat in der Kommandotruppe SAS diente und das Erlebte nun in Büchern ausschlachtet.

Mag sein, dass Craig es mittlerweile bereut, anfangs so freimütig gespottet zu haben, am meisten über sich selber. Selbstironie trifft zwar durchaus einen britischen Nerv, doch weil James Bond eben auch ein britisches Denkmal ist, tat sich die Fangemeinde verdammt schwer damit, Craigs Witze zu verdauen. Er haue sich gar nicht gern, ließ der nämlich wissen, und einen schnittigen Aston Martin die Serpentinen hinabzujagen, das mache ihm auch keinen Spaß. "Was für ein Waschlappen", stöhnten echte Haudegen à la Andy McNab.

Das Original, wie Fleming es 1953 mit seinem ersten Roman "Casino Royale" auf die Bösewichter losließ, hatte einen Schotten zum Vater und eine Schweizerin zur Mutter. Standesgemäß hatte es die Schulbank in Eton gedrückt, dem nobelsten Gymnasium der Briten. Craigs englischer Vater Tim dagegen fuhr als Matrose zur See, bevor er die urige Landkneipe "Ring O‘Bells" übernahm. Nach der Scheidung seiner Eltern wuchs Daniel bei seiner Mutter Carol, einer Kunstlehrerin, auf. Für Eton war das Budget deutlich zu knapp, stattdessen lernte Craig junior im krisengeplagten Liverpool.

Erstmals machte er von sich reden, indem er 1996 eine bodenständige Filmrolle übernahm. In "Our Friends In The North", einer Serie der BBC, gab er einen Geordie, einen Bewohner Newcastles, einer Stadt an der Nordsee, über deren gedehnten Dialekt sich der Rest des Landes gerne mokiert.

Craig raucht gern Selbstgedrehte, kann fluchen wie ein Bierkutscher, im "Banker‘s Arms", seiner Stammkneipe, hat man ihn noch nie mit einem Wodka-Martini gesehen, dafür umso öfter mit einem süffigen Guinness. Bevor er als Leinwandspion in die Schlagzeilen geriet, sollten ihn die Zechbrüder dort für einen Anstreicher gehalten haben.

Nun ist es bei weitem nicht so, dass der Held der Arbeiterklasse nur von Mäklern und Neidern umgeben wäre. "Die Leute sind so garstig zu ihm, er hatte doch noch gar keine Chance, sein Können zu zeigen", verteidigt ihn Roger Moore, jener Null-null-sieben, der dem Prototyp des englischen Gentleman von allen wohl am nächsten kam. "Daniel ist nicht der traditionelle Schönling, er ist unkonventioneller und rätselhafter, mehr wie Sean Connery", sagt Martin Campbell, der Regisseur von "Casino Royale". Die grellbunte "Sun" wiederum kann gar nicht genug Bilder von Craigs entblößtem Oberkörper drucken, so sehr bewundert sie seine Muskeln.

Übrigens, die Sache mit den zwei ausgeschlagenen Zähnen beruht auf überbordender Fantasie, auch das hat der Mime soeben in einem Interview klargestellt. Was ihm fehlte nach der Filmprügelei, war schlicht eine Zahnfüllung.

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