Interview mit Jean-Pierre Jeunet "Ich lasse meine Filme nicht umschneiden"

Regisseur Jean-Pierre Jeunet spricht über seine Unabhängigkeit als Filmemacher und seinen Hauptdarsteller, der selbst hochbegabt ist.

Interview mit Jean-Pierre Jeunet: "Ich lasse meine Filme nicht umschneiden"
Foto: dpa, rgl cb bl sab

Mit der US-Filmindustrie pflegt der französische Regisseur Jean-Pierre Jeunet ein eher angestrengtes Verhältnis. Der Grund: Er will nicht, dass seine Filme für den US-amerikanischen Markt verändert werden. Dafür nimmt er auch in Kauf, dass etwa seine neue französisch-kanadische Produktion "Die Karte meiner Träume" nicht in den USA ins Kino kommt.

Wieso erscheint der Film erst jetzt?

Jean-Pierre Jeunet Der Film kam im vergangenen Jahr in Frankreich ins Kino. In anderen Ländern kommt er erst so spät heraus, weil Harvey Weinstein den Film überall in der Welt stoppt. Und er bringt ihn in den USA überhaupt nicht heraus. Ich befinde mich in einer Art Krieg mit dem Produzenten. Er will den Film neu schneiden, wie er es auch bei "Delicatessen" und "Amélie" machen wollte. Aber ich will das nicht, weil mein Schnitt endgültig ist. Es ist eine französisch-kanadische Koproduktion und kein US-amerikanischer Film. Diese Freiheit ist mir sehr wichtig.

Was denken Sie zur Hauptfigur?

Jeunet Ich war T.S. Spivet. Ich war kein Genie, kein Wissenschaftler. Aber als ich neun war, habe ich ein Theater für Puppen gebaut. Ich habe das Licht im Haus meiner Eltern kaputt gemacht, weil ich eine Beleuchtung für mein Theater bauen wollte. Ich habe die Kostüme gemacht, das Bühnenbild, ich habe die Geschichte geschrieben. Und ich war erst neun. Ich habe das erst sehr spät verstanden, aber ich wollte Filme machen, bevor ich überhaupt je einen gesehen hatte.

Wie war die Zusammenarbeit mit Kyle Catlett, der selber hochbegabt ist, so wie sein Charakter?

Jeunet Es war leicht, weil wir nach einer Weile wie mit einem Profi gesprochen haben. Er interessierte sich für alles am Set - er wollte die Beleuchtung verstehen, den Ton, die Kamera. Und er liebte so kleine Spielsachen. Jedes mal, wenn wir gedreht haben, hatte er so ein Spielzeug bei sich, bis zum letzten Moment. Manchmal habe ich gesagt: Kyle, konzentriere Dich! Aber er konzentrierte sich immer erst in der allerletzten Sekunde, wenn es hieß: Action.

Wieso haben Sie sich für die Romanvorlage entschieden?

Jeunet Ich war sehr beeindruckt von der Geschichte und ich weinte, als ich das Buch las. Das war eine interessante Erfahrung für mich. Meine bisherigen Filme waren nicht so emotional, außer vielleicht "A Very Long Engagement".

CORDULA DIECKMANN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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