Kino-Kritik Hulk tobt wieder

Düsseldorf (RP). Man kann nicht den ganzen Tag tobsüchtig sein, ohne die anderen zu langweilen. Weshalb "Der unglaubliche Hulk" uns gekonnt für die Verhinderung des Ausrastens zu interessieren versucht.

Szenen aus "Der unglaubliche Hulk"
14 Bilder

Szenen aus "Der unglaubliche Hulk"

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Der amerikanische Wissenschaftler Bruce Banner (Edward Norton), Opfer eines schief gegangenen militärischen Experiments, hält sich zu Anfang des Films in einer brasilianischen Favela versteckt. Der schmächtige Kerl jobbt in einer Limonadenfabrik, treibt nach Feierabend Kampfsport, um seine Erregungszustände besser unter Kontrolle zu bekommen. Und hält immer die Digitaluhr im Blick, die zugleich seinen Puls misst. Regt Bruce Banner sich zu sehr auf, verwandelt er sich in den Hulk, einen grünhäutigen, klobigen, enorm starken, von rotglühendem Zorn getriebenen Amokläufer.

Bevor uns "Der unglaubliche Hulk" ziemlich spannend das Leben als Zehenspitzentanz auf dem Bombenzünder des eigenen Ich zeigt, erzählt er virtuos im Schnelldurchlauf der Vorspannbilder die Vorgeschichte — in behutsam korrigierter Variante. Im Jahr 2003 hat Ang Lees verkorkster "Hulk" die Entstehungsgeschichte des Monsters erzählt, und die flotte Einleitung zeigt uns nun die aktuellen Gesichter. Norton und nicht mehr Eric Bana spielt Banner, Liv Tyler und nicht mehr Jennifer Connelly spielt Banners Freundin Betty, und William Hurt statt Sam Elliott spielt General Ross, Bettys Vater und Banners Jäger.

Hurt, der oft beschädigte, hilflose, weiche Männer gespielt hat, gibt mit Lust und Überzeugungskraft den menschenverachtenden Kommandojunkie, der Banner als Dieb und Saboteur sieht, der dem Militär eine fabelhafte Massenvernichtungswaffe vorenthält. Man merkt an der Verpflichtung von Hurt: Dieser Film wagt was. Wobei er sich nicht an übermäßigen Sensibilisierungen und Psychologisierungen seiner Figuren versucht. Er bleibt seiner Vorlage, einem seit 1962 erscheinenden Comic, durchaus treu, serviert markante Typen und knallige Bilder, die das Wichtige klar präsentieren.

Der französische Regisseur Louis Letterier, mit "Transporter" als souveräner Ballettmeister überdrehter Action bekannt geworden, macht eine weit bessere Figur als der zum Hintersinnigen und Sensiblen neigende Ang Lee, der mit dem groben Klotz Hulk überhaupt nicht zurecht kam. Trotzdem: "Der unglaubliche Hulk" liefert uns eher eine Ahnung des Films, der er sein könnte, als dass er uns ganz und gar zufrieden stellte.

Wenn Banner auf Betty trifft, dann verhält sich die kluge Frau schnell wie ein Schulmädchen, das den als Jungkriminellen gebrandmarkten Pausenhofrüpel als Freund hat und mit dicken Tränen und gestammelten Bekenntnissen als einzige an das Gute in ihm glaubt. Noch ein wenig unglaubwürdiger agiert das US-Militär, das über Nacht in Brasilien aktiv werden und präzise aus Myriaden E-Mails im Netz eine einzelne Botschaft abfischen kann, sich dann aber als unfähig erweist, innerhalb eines Tages den Arbeitsplatz des so identifizierten Kontaktmannes von Banner in New York zu überwachen.

Solche Holperer gibt es einige, das größte Problem aber stellen der Hulk und sein neuer Widersacher dar, ein Monster, das mit dem gleichen Serum wie er aus einem Elitesoldaten (Tim Roth) herausgekitzelt wurde. Die beiden Kreaturen sind nicht mies gemacht, nur alles andere als fotorealistisch. Sie wirken wie Elemente eines Computeranimationsfilms, der seine Künstlichkeit gar nicht verleugnen möchte. Sie fügen sich nicht ein in den Rest des Films, sie platzen aus ihm heraus.

Immerhin, am Ende dieses durchwachsenen Vergnügens hat Robert Downey jr. in seiner Rolle als Tony Stark (der Zivil-Identität von Iron Man) einen Kurzauftritt. Das ist kein Gag, sondern ein Wink für Comicleser. Die Superheldenfabrik Marvel, die ihre Stoffe inzwischen selbst in Hollywood produziert, deutet an, die Filme um Hulk und Iron Man künftig eng an die Comicreihe "The Ultimates" anzuschließen, die man als Marvels Reaktion auf den 11. September 2001 und die gesellschaftlichen Veränderungen in den USA lesen darf. Auf Hulks nächste Tour durch New York darf man gespannt sein.

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