"Schneewittchen", "Aschenputtel" und Co. Hollywood setzt auf Märchen

Los Angeles · Ob "Schneewittchen", "Aschenputtel" oder "Hänsel und Gretel", die US-Filmindustrie räubert unverdrossen bei den Gebrüdern Grimm. Sogar bis ins Fernsehen ist der Märchen-Boom mit zwei Serien bereits vorgedrungen.

"Snow White and the Huntsman" - Schneewittchen für Erwachsene
12 Bilder

"Snow White and the Huntsman" - Schneewittchen für Erwachsene

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In Hollywood träumt man seit jeher von Happy Ends, am liebsten in Form von Rekord-Einspielergebnissen – das verstehen Studiobosse unter märchenhaft. Da lag es wohl nahe, sich gleich bei weltweit anerkannten Märchen-Spezialisten wie den Gebrüdern Grimm oder Hans Christian Andersen zu bedienen.

Gleich mehrere Filme griffen zuletzt Motive aus "Schneewittchen" und "Rotkäppchen" auf, ein "Hänsel und Gretel"-Aufguss soll im kommenden Jahr anlaufen. Auch das US-Fernsehen hat mit erfolgreichen Serien wie "Once Upon A Time" und "Grimm" die Welt der Märchen für sich entdeckt – und bereits an die deutsche RTL-Gruppe verkauft.

Natürlich hat Hollywood in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach Märchen fürs Kino adaptiert, selten aber so geballt. Zum einen ist das wohl dem Fakt geschuldet, dass die großen Studios Experimente scheuen und gerne auf bekannte Stoffe vertrauen, also auf Fortsetzungen von Kassenhits oder eben tradierte Geschichten.

Der Wolf als Werwolf

Andererseits steckt dahinter die Kalkulation, dass das Publikum in einer unübersichtlichen Welt nach einfachen Storys mit Schwarz-Weiß-Charakteren giert. Dafür spricht beispielsweise der große Erfolg von Comic-Verfilmungen wie "Ironman" oder aktuell "The Avengers".

Allerdings verstehen die Filmemacher Märchen nur als Motivsammlung; jeder Stoff wird ungeniert modernisiert und vor allem auf jugendliche Zuschauerschichten zugeschnitten. In "Red Riding Hood", einer Rotkäppchen-Adaption von 2011, ist der Wolf zum Beispiel ein Werwolf.

In "Snow White and the Huntsman", gerade im Kino zu sehen, kämpft Schneewittchen (Kristen Stewart) in bester Martial-Arts-Manier nicht nur gegen die böse Königin (Charlize Theron), sondern auch diverse Monster; zudem saugt die Königin vampirgleich ihren Opfern Herz und Leben aus. Fehlt nur noch ein junger Zauberer mit Nickelbrille.

Verrückte TV-Shows

Der Film "Hänsel und Gretel: Hexenjäger", der frühestens im Februar 2013 zu sehen ist, erzählt die Geschichte der Geschwister einfach weiter. Statt von Hexen gemästet zu werden, verdingen sich Hänsel und Gretel schwer bewaffnt. Noch verrückter geht es nur noch in zwei US-Fernsehserien zu.

In der einen, "Grimm", löst ein Detektiv Verbrechen, die von wilden Kreaturen in Menschengestalt begangen werden. Nur der Detektiv kann die wahre Identität dieser Kreaturen erkennen, weil er ein "Grimm" ist. Allen Folgen liegt ein Märchenmotiv zugrunde. Was sich krude anhört, funktioniert auf dem Markt so gut, dass eine zweite Staffel in Arbeit ist. Der Privatsender Vox hat die Rechte gekauft.

Sehr erfolgreich läuft ebenfalls "Once Upon A Time" (Es war einmal). Der Clou der Serie besteht darin, dass das Märchenpersonal wegen eines Fluchs unerkannt in der Gegenwart leben muss, im Nest Storybrooke. Rotkäppchen serviert im Diner, Schneewittchen wohnt mit ihrem Märchenprinzen im Einfamilienhaus, die böse Königin ist Bürgermeisterin und Rumpelstilzchen ihr Konkurrent.

Auch hier wird eine zweite Staffel produziert; RTL wird die erste zeigen, der Termin steht noch nicht fest. Trotz des großen Erfolgs wurde die Serie kontrovers diskutiert. Kritiker beschwerten sich darüber, dass die Macher bei Comic-Autor Bill Winningham und dessen Comic-Reihe "Fables" geklaut hätten. Auch dort müssen Märchenfiguren in die wirkliche Welt fliehen.

Doch Winningham ließ verlauten, dass er mit der Serien-Idee keine Probleme habe. Es sei im Sinne der Gebrüder Grimm, dass mehrere Versionen einer Geschichte existierten. Schließlich hätten die Brüder nichts anderes gemacht, als aus dutzenden mündlich überlieferter Märchen eine eigene Fassung schriftlich festzuhalten. "Warum", so Winningham, "sollte das heute anders sein?"

(RP/csr/sap)
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