Romanverfilmung Terror und Tiefsee mit Wim Wenders

Die Literaturverfilmung „Grenzenlos“ scheitert am künstlichen Erzählkonzept.

 Alicia Vikander in „Grenzenlos“

Alicia Vikander in „Grenzenlos“

Foto: dpa/-

Die Welten, in denen sich Danielle (Alicia Vikander) und James (James McAvoy) zu Beginn von Wim Wenders’ „Grenzenlos“ wiederfinden, könnten kaum kontrastreicher sein: Nur durch ein Loch in der Mauer kann James aus dem Verließ in Somalia seinen Arm nach draußen strecken, wo ein afrikanischer Junge ihm eine aufgelesene Garnele in die bettelnde Hand gibt. Immer wieder wird der Gefangene von Dschihadisten zum Verhör herausgezerrt und beteuert, dass er als Wasserbauingenieur und nicht als Spion ins Land gekommen sei. Derweil bereitet sich die Biomathematikerin Danielle auf einem Forschungsschiff im Nordatlantik auf eine Unterwassermission vor. Aber es fällt ihr schwer, sich auf das Projekt zu konzentrieren, weil sie von James seit Wochen nichts gehört hat. Von den beiden Gegenwartsebenen spult der Film immer wieder zurück zu einem Hotel in die Normandie, wo sich Danielle und James kennengelernt haben. In den Rückblenden liegt der emotionale Kern und die eigentliche Stärke des Filmes. Wenders inszeniert den Prozess der Annäherung nicht im stereotypen Turteltäubchenmodus, sondern als Zusammentreffen zweier erwachsener Menschen, die einander auf Augenhöhe begegnen und gerade in ihrer gegenseitigen Unabhängigkeit attraktiv finden.

Danielle ist eine Frau, die beseelt von ihrer Arbeit ist und daraus ihre Ausstrahlungskraft entwickelt. James erweist sich als interessierter Fragensteller, der im Gespräch die intellektuelle Herausforderung sucht. Wenders gelingt es, die beiden Liebenden in ihrer Intelligenz miteinander zu verbinden, was man so im Kino nur sehr selten sieht. Diese enge geistige Verbindung soll den Film durch zwei gegenwärtige Erzählebenen tragen, in denen sich die beiden voneinander getrennt in konträren Lebenswelten befinden. Aber genau das will nicht gelingen. Der Kontroll- und Selbstwertverlust der Geisel und die durchaus differenzierte Sicht auf die Glaubens- und Gedankenwelt der Dschihadisten hätten ebenso eine Vertiefung verdient wie der nordpolare Erzählstrang, in dem sich eine Forscherin in die tiefsten Meeresschichten vorarbeitet, um dem Ursprung des Lebens auf den Grund zu gehen. Aber zusammengenommen ergeben die drei Erzählebenen auf frustrierende Weise kein Ganzes. Gerade auch aufgrund der hohen schauspielerischen Präsenz von Vikander und McAvoy sowie der visuellen Qualitäten möchte man den Film nach dem Roman von J. M. Ledgard mögen, wird aber – wie oft bei Wenders – durch ein zunehmend manieriert wirkendes Konzept davon abgehalten.

„Grenzenlos“ (USA, 2018): Regie: Wim Wenders, mit: James McAvoy, Alicia Vikander, 111 Min.

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