Film und Abstimmung über Sterbehilfe Tod oder Leben – das ist die heikle Frage

Düsseldorf · Die ARD hat das Theaterstück „Gott“ von Ferdinand von Schirach über das mögliche Recht auf Sterbehilfe verfilmt. Am Montag wird er gezeigt. Anschließend darf das TV-Publikum abstimmen.

 In der Verflmung von „Gott“ spielen (von links) Christiane Paul, Ina Weisse, Anna Maria Mühe, Matthias Habich, Ulrich Matthes, Barbara Auer, Lars Eidinger und Götz Schubert.

In der Verflmung von „Gott“ spielen (von links) Christiane Paul, Ina Weisse, Anna Maria Mühe, Matthias Habich, Ulrich Matthes, Barbara Auer, Lars Eidinger und Götz Schubert.

Foto: dpa/Julia Terjung

Diese Frage ist kaum zu beantworten. Schon gar nicht ein für alle mal, und darum auch nicht per Abstimmung. Einen Versuch  wird die ARD am Montagabend trotzdem unternehmen, wenn über die Frage legaler Sterbehilfe das TV-Publikum befinden darf: Tod oder Leben? Zur Entscheidungshilfe wird vorher die Verfilmung von „Gott“ gezeigt, ein Theaterstück von Ferdinand von Schirach aus diesem Sommer, in dem mit einer Debatte im Ethikrat eben diese Frage auf der Tagesordnung steht. Auch nach den Theateraufführungen wurde abgestimmt, eine inzwischen bewährte von-Schirach-Methode, die schon bei seinem Stück „Terror“ Anwendung fand.

Der Fall: Richard Gärtner ist 78, kerngesund. Ihm kam der Lebenssinn nach dem Tod seiner Frau abhanden. Sein wirklich letzter Wille ist der selbstbestimmte Tod durch eine Überdosis Natrium-Pentobarbital. Das aber wird ihm verwehrt. Und darum landet jetzt der Fall vor dem Ethikrat. Gärtner wird von Matthias Habich gespielt, der selbst 80 und so weise, staunend und knorrig ist, wie man ihn gefühlt seit den vergangenen zwei Jahrzehnten kennt. Ohnehin hat die ARD für „Gott“ ein kleines Starensemble  aufgeboten. Und so sind neben Habich noch Christiane Paul (als rechtliche Sachverständige Litten), Ina Weisse als Mitarbeiterin des Ethikrates, Anna Maria Mühe, die eine Ärztin spielt, Ulrich Matthes, der die kirchliche Position in der Figur von Bischof Thiel vertreten darf, Barbara Auer als Vorsitzende, Götz Schubert, der medizinische Sachverständige, und vor allem Lars Eidinger zu sehen, der als Anwalt die finalen Interessen des Sterbewilligen vertritt.

Vor allem also Eidinger. Wäre das Thema nicht so monströs und erschütternd, man müsste ihn den ungekrönten Star der Sitzung nennen: Alle Fallzahlen scheint er im In- und Ausland  zu kennen, und im Gespräch mit dem leider so defensiven, zu stillen und ratlosen Bischof hat der Anwalt nicht nur Augustinus wie auch Thomas von Aquin parat, er kann auch die Suizide des Alten und Neuen Testaments aufsagen und exegetisch belegen, dass in der Heiligen Schrift kein einziges Mal die sogenannte Selbsttötung verurteilt wird. Zum Schluss streift Eidinger fürs Plädoyer sogar sein Sakko ab, und spätestens jetzt weiß man, dass es um alles geht.

Das Thema ist zeitlos aktuell und „populär“ genug, um die eigentlich etwas dröge geratene Debatte um die juristisch, philosophisch und medizinisch richtigen Argumente zu beleben. Wie auch immer man sich wendet, stets gelangt man zu den großen Fragen: Wie selbstbestimmt darf, muss, kann der Mensch sein? Ist das Leben unser Eigentum – oder vielleicht ein Geschenk? Wird es einen Dammbruch geben, sollte begleiteter Suizid alltäglich werden? Ändert es unsere Gesellschaft, unser Bild vom Menschen, besonders vom alten Menschen? Und ist Leben nicht nur ein Glücksversprechen, sondern auch ein Leiden?

Das ist ein intellektueller Film, und trotz der Einwände ist er angemessen. Zu einem Urteil kommt „Gott“ – wie auch das Theaterstück – nicht. Nach dem Film darf aber das TV-Publikum abstimmen, anschließend wird das Votum in einer Experten-Runde bei Frank Plasberg diskutiert. Nach den Bühnen-Aufführungen von „Gott“ unter  anderem in Düsseldorf und Berlin sprach sich eine deutliche Mehrheit für Sterbehilfe aus. Wobei nicht das Votum das wichtige ist. Sondern die Mühe, darüber nachzudenken.

Info „Gott“, Montag, 23.11., 20.15 Uhr in der ARD; anschließend um 21.45 Uhr: „Hart aber fair – Gottes Wille oder des Menschen Freiheit“.

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