Mediatheken Tipps fürs Heimkino
Filme schauen gehört derzeit zu den wenigen Freizeitvergnügen, die ohne Risiko und Regeln möglich sind. Eine Auswahl kostenfreier Favoriten aus den Mediatheken.
Für großes Kino muss man nicht unbedingt Geld ausgeben. Die öffentlich-rechtlichen Sender bieten in ihren Mediatheken eine riesige Auswahl an Filmen aus allen Genres. Wir geben Anregungen aus der Liste persönlicher Favoriten.
„Ein Dorf wehrt sich“
April 1945, die letzten Kriegswochen im österreichischen Altaussee. Die Bewohner stehen unter der Doktrin des örtlichen SS-Chefs. Sie leben von der Plackerei unter Tage im örtlichen Salzbergwerk. Was nicht alle Dorfbewohner wissen: Die Nazis verstecken in den Stollen große Mengen von Hitlers Raubkunst. Rembrandt, Rafael, Tizian, Cranach und andere Meister lagern tief unterm Berg. Sepp Rottenbacher (Fritz Karl) ist das egal. Er hat sich längst damit arrangiert und hält sich am liebsten aus allem raus. Sein alter Freund Franz (Harald Windisch) lebt gefährlicher. Er und seine Frau versorgen heimlich Deserteure in den Bergen mit Lebensmitteln. Die Gestapo hat sie bereits im Visier. Als Franz eines Tages von den Nazis erschossen wird, wendet sich die Stimmung im Dorf. Aus Unmut und Verzweiflung wächst nackte Wut, als die Menschen dahinterkommen, dass Gauleiter Eigruber angesichts des bevorstehenden Untergangs die Sprengung ihres Bergwerks plant. Sepp wird zum Anführer des Widerstands, der letztlich zur Rettung des kulturellen Erbes Europas beigetragen hat. Ein spannender und bedrückender Film mit wahrem Hintergrund und tollen Schauspielern. (ZDF-Mediathek) ha
„Krauses Glück“
Er ist der sympathischste Bollerkopp des deutschen Fernsehens. Er vertritt bisweilen eine engstirnige Gesinnung, doch hat er das Herz am rechten Fleck, er ist nicht stur aus Prinzip, sondern einsichtsfähig und sogar ein Menschenfreund, und weil er diese Figur so authentisch verkörpert, heißt er in seinen Film ebenso wie im richtigen Leben: Horst Krause. Der Name ist einfach Programm. In der ARD hat der frühere DDR-Schauspieler einen festen Ort gefunden, an dem er sich in „Krause“-Filmen als bauernschlauer Humanist erweist. In „Krauses Glück“ von 2016 geht es um die Flüchtlingsproblematik, die Krause in seinem brandenburgischen Dorf hautnah mitgestaltet. Ein vergnügliches Meisterwerk ist diese Komödie geworden, zumal noch ein paar andere Lieblingsschauspieler mitspielen, etwa Tilo Prückner und Boris Aljinovic. (3sat-Mediathek). w.g.
„Kriegerin“
Keine leichte Kost, das Spielfilmdebüt von David Wnendt aus dem Jahr 2011. Marisa (Alina Levshin) wächst in einem ostdeutschen Dorf auf, der Großvater nennt sie „Kriegerin“. Als Jugendliche wird sie Teil einer Neonazi-Clique. Man erlebt Gewaltexzesse durch Marisas Handykamera mit und muss sich auseinandersetzen mit der Unmittelbarkeit, mit der der Filmemacher seine Zuschauer konfrontiert. In das Drehbuch gingen jahrelange Recherchen ein, und immer wieder wird das hohe Tempo von langsamen, nachdenklichen Passagen unterbrochen. Irgendwann steht Marisa der Weg aus ihrer Gruppe und ihrer Rolle als „Kameradschaftsaktivistin“ offen. Sie begegnet Fremden, sie lässt sich zum ersten Mal ein auf deren Lebensumstände und löst sich innerlich von ihrem bisherigen Leben. Der Zuschauer merkt unterdessen, wie er selbst anders über die Hauptfigur zu denken beginnt. Irritirender, guter Film.
(ZDF Mediathek) hols
„Die Erbinnen“
Mit sogenannten Lieblingsfilmen betritt man mitunter ein heikles, fast immer aber ein sensibles Feld. So verschweigt man sie manchmal wie eine heimliche Geliebte, um sie nur für sich haben. Oder man preist sie munter drauflos allen an und ist dann enttäuscht, wenn der Film nicht auf jene Gegenliebe trifft, die man erhofft, nein: eigentlich erwartet hatte. Und dann gibt es Lieblingsfilme, denen nicht schon die Patina des ewig Gültigen anhaftet, sondern die einem fast zufällig über den Weg gelaufen sind – in diesem Fall dank der Mediathek von Arte. Dort fand ich jetzt (und auf Empfehlung) „Die Erbinnen“, einen Film, den ich selbst wahrscheinlich nie gewählt hätte, schon wegen der eher fremd wirkenden Geschichte. Nämlich jene von zwei älteren, lesbischen Frauen im fernen Paraguay, die ihr Leben lang nicht arbeiten mussten und die jetzt, um im Alter halbwegs über die Runden zu kommen und den Schein wahren zu können, Stück für Stück des Mobiliars verhökern. Insofern ist schon der Titel dezent irreführend. Die Erbinnen bekommen also nichts, sondern trennen sich vom einstmals Geerbten. Das Paar macht das mit Gelassenheit, immer noch mit Haltung. Bis Chiquita, die Tonangebende von beiden, wegen Überschuldung für eine kurze Zeit in U-Haft wandert und Chela beginnt, ihr Leben auf eigene Füße zu stellen. In ihrem uralten Mercedes kutschiert sie quasi als Taxifahrerin alte Damen durch die Stadt, dabei hat sie nicht einmal einen Führerschein. Und sie verliebt sich in eine jüngere Frau. Dann kommt Chiquita aus der Haft, und vieles droht wieder ganz anders zu werden. Was für ein melancholischer, reizender lebensnaher Film, der durchtränkt ist vom Zauber des magischen Realismus! „Die Erbinnen“ also unbedingt anschauen, die bei der 68. Berlinale für einiges Aufsehen sorgten und später sogar mit dem Oscar prämiert wurden.
(Arte Mediathek) los
„Und wer nimmt den Hund?“
Unbedingt sehen – oder einfach noch einmal gucken, denn ein Dauer-Drama aus der Mitte der Gesellschaft wird hier auf besonders amüsante und lebenskluge Weise erzählt: Ein gutsituiertes, erfolgreiches Paar im besten Alter landet in der Paartherapie, denn er hat – der Klassiker – eine deutlich jüngere Geliebte. Zutage kommen nicht nur die Lügen des zurückliegenden Lebens, sondern auch die, auf denen ein wackeliger Zukunftsentwurf stehen soll. Die beiden gehen durch einen schmerzhaften Prozess der Selbstreflexion, aber am (offenen) Ende steht für jeden auch ein Erkenntnisgewinn. Schwerer Stoff? Sicherlich – aber großartig leicht transportiert von zwei Top-Stars des deutschen Kinos: Maria Gedeck und Ulrich Tukur.
(ARD Mediathek) bew