"Die Hütte - Ein Wochenende mit Gott" Gott macht den besten Biskuit-Teig

Düsseldorf · Die Verfilmung des Bestsellers "Die Hütte" erzählt von einem Familienvater, dessen Tochter plötzlich verschwindet. Der Hauptdarsteller erlebt ein Wochenende an der Seite Gottes. Es geht um die Themen Vergebung und Trost im Glauben.

 Familienvater Mack (Sam Worthington) erlebt ein ungewöhnliches Wochenende an der Seite Gottes.

Familienvater Mack (Sam Worthington) erlebt ein ungewöhnliches Wochenende an der Seite Gottes.

Foto: dpa, scg sab

Schon bevor Mack (Sam Worthington) das Schlimmste passiert, das einem Vater zustoßen kann, ist er nicht nah bei Gott. Dafür war die Mutter in der Kindheit zu früh weg, der Vater zu gewalttätig. Die Reste seines Glaubens verliert Mack, als seine jüngste Tochter Missy (Amélie Eve) vom Campingplatz verschwindet. Nur drei Minuten hatte Mack sie nicht im Blick, weil er seinen Sohn nach einem Badeunfall reanimieren musste. Wie man ihm mitteilt, wurde Missy wahrscheinlich das Opfer eines gesuchten Serienkillers. Nicht lange danach findet die Polizei in einer abgelegenen Waldhütte ihr blutiges Kleid.

Drei Jahre später ist Missys Leiche noch immer verschwunden, während Mack vor den Augen seiner Familie zerbricht, anders als seine Frau Nan (Radha Mitchell), die in ihrem Glauben Halt findet. An einem kalten Wintertag liegt ein mit "Papa" unterschriebener Zettel im Briefkasten, so hat Missy Gott immer genannt. Der Schreiber bittet Mack übers Wochenende zu einem Treffen in die Hütte. Ein grausamer Scherz? Oder, wie Nan meint, ein Wunder?

Die offizielle Entstehungsgeschichte der spirituellen Erzählung "The Shack" jedenfalls klingt ein bisschen nach Wunder. Der Schriftsteller William Paul Young fand 2007 keinen Verlag für sein Buch, bastelte für 300 Dollar eine Website und druckte es selbst. Knapp zwei Jahre später stand das Buch an der Spitze der "New York Times"-Bestsellerliste, wo es sich 70 Wochen lang hielt. Allein in Deutschland verkaufte sich "The Shack" bis heute eine Million Mal. Die Adaption von Regisseur Stuart Hazeldine ("Exam") folgt der Vorlage inhaltlich so genau, wie das bei einem Kultbuch klug ist, aber das Herz oder die Seele des Zuschauers erreicht sie trotzdem nicht. Der Film ist wilder Gefühlskitsch, rund zwei Stunden Nahtoderfahrung in bonbonbunten Bildern.

Mack erreicht die Hütte, nicht sicher, ob er dem Mörder seiner Tochter begegnen wird. Vielleicht auch dem toten Vater, den Mack selbst mit 13 Jahren vergiftete. Oder, Gott bewahre, Gott selbst? Im verschneiten Wald herrscht rings um die Hütte mildes Sommerwetter. Der Schöpfer empfängt Mack mit Schürze und mehligen Händen in der Küche. Gott wird, mit großer und sehr irdischer Wärme, von Oscarpreisträgerin Octavia Spencer gespielt. Was sicher überraschen soll, nach farbigen Kinogöttern wie Morgan Freeman und Whoopi Goldberg aber doch längst etabliert ist.

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Gott backt also tollen Biskuit-Teig, hört Reggae über ihren iPod und konzentriert sich zwei Tage lang so bedingungslos auf Mack, als gäbe es keine anderen Jobs zu erledigen, keine weiteren siebeneinhalb Milliarden Schäfchen. Auch erscheint Gott in familiärer Dreifaltigkeit mit einem orientalischen Jesus (Avraham Aviv Alush), der mit Mack eine Runde übers Wasser läuft, und einem asiatischen Heiligen Geist (Japans Popstar Sumire), der mit Mack im Garten seiner eigenen Seele spazieren geht. Zwischendurch sitzen alle zusammen im Wohnzimmer und reden über Hass, Depression und all die anderen Verirrungen, die vom Schicksal geschlagene Menschen wie Mack quälen. Eine überaus herzliche Multikulti-Diskussionsrunde, in der eigentlich nur noch Oprah Winfrey fehlt.

Anfangs ist Mack allerdings noch nicht bereit, den Hiob zu spielen und geht in seiner Wut auf Gott los. Wie kann "Papa" solches Leid zulassen und trotzdem den Anspruch erheben, gut zu sein? Gott stellt sich Macks Fragen mit endloser Geduld und später Tränen des Mitgefühls, wirklich beantworten kann sie sie nicht. Stattdessen wird Macks Seele schnelltherapiert, damit er begreift, dass Gott, genau wie ein Vater, all seine Kinder gleich zu behandeln hat, ob brav oder böse. Am Ende soll Mack den Weg gehen, den sein neuer Freund Jesus einst wählte: Gott führt ihn in den Wald, wo er lernen muss zu vergeben, dem Mörder und auch sich selbst, um Frieden zu finden. Bis die Katharsis endlich kommt, fließt der Film mit rührseligen Gesprächen in erbaulicher Natur dahin wie ein Wochenendseminar zum Thema Trost im Glauben. Ein sehr langes.

Die Hütte - Ein Wochenende mit Gott, USA 2017 - Regie: Stuart Hazeldine, mit Octavia Spencer, Sam Worthington, Tim McGraw, Avraham Aviv Alush, Radha Mitchell, Alice Braga, Graham Greene, Amélie Eve, 133 Minuten

(RP)
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