„Moxie“ bei Netflix MeToo-Film für Teenager

In „Moxie“ von Amy Poehler wehrt sich ein Mädchen mit einer Zeitschrift gegen Sexismus an der Schule. Die Produktion beleuchtet das Thema auf die bestmögliche Art.

 Hadley Robinson in „Moxie“.

Hadley Robinson in „Moxie“.

Foto: AP/Colleen Hayes

„Belästigen“ – dieses Wort hört die Schuldirektorin gar nicht gern. Denn das bedeutet, dass sie „ganz viele Sachen“ machen muss. Und so spielt sie die Angelegenheit lieber herunter. Lucy (Alycia Pascual-Peña), die sich über die Aufdringlichkeit des Kapitäns der Football-Mannschaft Mitchell (Patrick Schwarzenegger) beschwert, sei vielleicht einfach nur „genervt“ von ihrem Mitschüler. Schließlich sei sie neu an der Schule und müsse sich erst an die dortigen sozialen Gepflogenheiten gewöhnen. Mädchen in ihrem Alter neigten ja gern zu Überreaktionen.

Sie empfiehlt eine Mitgliedschaft in der Blaskapelle, wo sie den überschüssigen Dampf ablassen könne. Aber Mitchell, der in der Schulhofhierarchie ganz oben steht, „nervt“ nicht nur. Er tyrannisiert die Mädchen mit dem ganzen differenzierten Arsenal chauvinistischer Unterdrückungsmechanismen. Er fällt ihnen ins Wort, fasst sie scheinbar beiläufig an und bedroht sie, wenn sie sich nicht einschüchtern lassen. Mit seinen Kumpels aus der Mannschaft veröffentlicht er zu Beginn jedes Schuljahres per Chat eine Ranking-Liste, in der die Mädchen in verschiedenen Kategorien von „Unberührt“ über „Bester Hintern“ bis hin zu „Fickwürdig“ eingeordnet werden.

Das ist der ganz normale, sexistische Alltag an der High School, aber Lucy will sich damit nicht abfinden. Ihre Mitschülerin Vivian (Hadley Robinson) rät ihr sich einfach wegzuducken, so wie sie es selbst die letzten Jahre getan hat. Aber auch Vivian merkt, dass sie genug hat. Inspiriert von ihrer Mutter, die in der sogenannten „Riot-Grrrl“-Bewegung der 90er zur Musik der Frauenpunkband Bikini Kill die feministische Rebellion mit anzettelte, gestaltet Vivian ein Magazin, in dem sie die sexistischen Strukturen im Schulalltag anklagt. Die fotokopierten Seiten deponiert sie heimlich auf der Mädchen-Toilette und löst als anonyme Autorin des „Moxie“-Magazins eine Revolte aus, in der sich die Schülerinnen gemeinsam zur Wehr setzen.

„Moxie” ist der längst überfällige Mee-Too-Film für die heutige Teenager-Generation. Lässig kapert Regisseurin Amy Poehler hierfür das Genre des High-School-Movies und schießt es mit einem feministischen Kick in eine neue Umlaufbahn.

Normalerweise sind in diesem Genre Mädchen für den romantischen Herzschmerz zuständig. Ein wildes Auf und Ab der Gefühle gibt es auch in „Moxie”, allerdings geht es für Vivian und ihre Freundinnen um mehr als amouröse Glücksversprechungen. Sie suchen einen eigenen Platz im Leben und sehen nicht ein, sich ihre Spielräume durch das männliche Dominanz-Gehabe einengen zu lassen. Die Revolte, die die Mädchen anzetteln, ist von jugendlicher Lebensenergie genauso getragen wie von den Verunsicherungen, die mit dem Teenager-Dasein einher gehen.

Die Autorin der Romanvorlage Jennifer Mathieu, die auch das Drehbuch mitverfasste, unterrichtet selbst an einer High School, und diese unmittelbare Nähe zum Sujet wird ergänzt durch ein frisch aufspielendes Nachwuchsensemble, das sichtbar mit Herz bei der Sache ist. Ein unverkrampfter lebensnaher und differenziert ausgeleuchteter Girl-Power-Film der besten Art.

Info „Moxie – Zeit, zurückzuschlagen” läuft bei Netflix.

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