„Laim und die Tote im Teppich“ im ZDF Der lässigste Kommissar im deutschen TV

Max Simonischek gelingt in seiner Rolle als Kommissar Laim etwas, das im deutschen fernsehen selten ist: ein cooler Ermittler. Sein neuer Fall steht nun in der ZDF-Mediathek bereit.

 Anton Simhandl (l, Gerhard Wittmann) und Lukas Laim (Max Simonischek).

Anton Simhandl (l, Gerhard Wittmann) und Lukas Laim (Max Simonischek).

Foto: dpa/Michael Marhoffer

Bevor Lukas Laim seine Wohnung verlässt, deren Blick über die Münchner Skyline ein Vermögen gekostet haben muss, legt er der schlafenden Prostituierten auf dem Sofa ein paar 200-Euro-Scheine hin. Im schwarzen Trenchcoat betritt er die Straße, steigt in seinen BMW-Sportwagen und fährt zum Tatort.

Kommissar Laim, dessen Rolle Max Simonischek nun zum vierten Mal übernimmt, ist auf seinen Beamtensold nicht angewiesen. Er kommt aus dem Münchner Geldadel und könnte sich auch ohne Polizeiarbeit ein Leben in Saus und Braus leisten. Die finanzielle Unabhängigkeit verleiht der Figur, die „Tatort“-Autor Christoph Darnstädt 2012 zum TV-Leben erweckte, eine solide Grundlässigkeit. Denn eigentlich hat dieser Laim die Leichen, die Verhöre und den Reviermief gar nicht nötig und könnte jederzeit einfach gehen, wenn es ihm nicht mehr passt. Anweisungen von oben werden deshalb nur bedingt befolgt, und als Ermittler hält er sich weniger an den polizeilichen Vorschriftenkatalog als an den eigenen moralischen Kompass.

In gewisser Weise ist er das Münchner Äquivalent zu Schimanski, nur eben mit einem prall gefüllten Vermögensfond und einem deutlich weniger losem Mundwerk. Laim gehört zu den wenigen Ermittlern im deutschen Fernsehen, die nur reden, wenn sie auch etwas zu sagen haben. Der Verzicht auf überflüssiges Dialoggeplapper schafft Raum für filmisches Erzählen. Regisseur Michael Schneider und sein Kameramann Andreas Zickgraf konnten schon in den ersten Folgen vor allem auch durch ihren visuellen Stilwillen überzeugen.

In Episode Vier wird nun die Leiche einer Frau mit Kopftuch in einem Perserteppich eingewickelt bei den Müllcontainern auf der Theresienwiese gefunden. Noch am Abend zuvor – das war im Epilog zu sehen – lag der Teppich im Wohnzimmer von Hans Heinrich Feuer (Shenja Lacher), der ihn selbst zusammengerollt hat, nachdem er die eigene Wohnung aufgebrochen hatte. Als Laim und sein Kollege Anton Simhandl (Gerhard Wittmann) vor der Tür stehen, ist das Einbruchdezernat schon vor Ort und der Wohnungsinhaber wartet mit wilden Theorien über den Tathergang auf. Aber der redselige Verdächtige hat ein wasserfestes Alibi, das gleich von drei Herren des „Instituts für bayrische Innenpolitik“ bestätigt werden kann.

Hinter dem klangvollen Namen steht ein rechtsextremer Thinktank, der die politisch-intellektuelle Unterfütterung für populistische Parteiunternehmungen liefert. Schon bald stellt sich heraus, dass man hier nicht nur nationalkonservative Bildungsarbeit leistet, sondern auch mit Gewaltbereitschaft an der „autoritären Revolution“ arbeitet. Aber auch die gefundene Leiche gibt Rätsel auf: Zunächst führt die Spur in ein Flüchtlingsheim, wo die Ermordete mit ihren zwei syrischen Kinder wohnte. Aber schon bald stellt sich heraus, dass die Verstorbene gar nicht die Mutter ist, schon immer in Deutschland gelebt hat und als Fluchthelferin wie Antifa-Aktivistin tätig war.

Die gut konstruierte Verwicklungsdramaturgie führt die Ermittler immer tiefer in den Sumpf der rechtsextremistischen Organisation, deren terroristische Pläne Erinnerungen an den Anschlag auf das Oktoberfest 1980 wachrufen. Im gelassenen, sich aber genussvoll steigerndem Erzähltempo entfaltet „Die Tote im Teppich“ den komplexen Plot, der durchaus Kniffel-Qualitäten entwickelt. Vor allem auch weil hier angesichts der wortkargen Titelfigur auf die klassischen Erklärdialoge weitgehend verzichtet wird.

Max Simonischek stattet seinen unkonventionellen Kriminalkommissar mit einer unaufdringlich coolen Aura aus, was im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bekanntlich nur selten gelingt. Aber wenn es drauf ankommt, kann sich dieser Laim in einen echten Hitzkopf verwandeln – sei es bei einer aufwendig gedrehten Verfolgungsjagd durch den U-Bahnhof „Münchner Freiheit“ oder mit dem Degen in der Hand im Fechtsaal einer schlagenden Studentenverbindung, wo er den Täter final zur Strecke bringt.

Info „Laim und die Tote im Teppich“ kann man in der ZDF-Mediathek abrufen.

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