"Fack Ju Göhte" 2 im Kino Immer Ärger mit dem Pauker

Düsseldorf · Die Fortsetzung des Komödien-Hits "Fack Ju Göhte" beginnt gut, hat aber nicht mehr den Charme des Vorgängers.

Elyas M'Barek bei der Fack Ju Göhte 2 Premiere
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Elyas M'Barek bei der Premiere von "Fack Ju Göhte 2"

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Foto: dpa, udu kde

Irgendwann denkt man: Warum seid ihr nicht einfach in der Schule geblieben, auf dem Pausenhof oder im Lehrerzimmer? Zu diesem Zeitpunkt ist nicht ganz die Hälfte des neuen Film vorüber, eine ultrabeschleunigte, grandios getimte und lustige Hälfte. Aber nun beginnt eine Klassenfahrt nach Thailand, die ein Rückfall ist in bescheuertsten deutschen Unterleibshumor. Da wird vorgeführt, wie sich männliche Komödienschreiber Thailand so vorstellen, und auf die breit ausgetretene Nummer mit dem Tischtennisball, die sich eine Schülerin in einer örtlichen Gogo-Bar abschaut, mag man gar nicht näher eingehen. Nur so viel: Tom Gerhardt, frühe 90er Jahre.

"Fack Ju Göhte 2" startet übermorgen, die Fortsetzung des sympathischen Kinohits aus dem Jahr 2013. Mehr als sieben Millionen Zuschauer hatte der Film, der einem den Glauben an die deutsche Komödie zurückgab: Sie war lustig und lässig, scharf und bitter. Eine Farce aus der Gegenwart. Elyas M'Barek wurde damit zum Superstar, er war Zeki Müller, der aus dem Knast entlassen wurde und das beim Bankraub erbeutete Geld holen wollte, das seine Freundin vergraben hatte. Inzwischen wurde über dem Versteck eine Turnhalle errichtet, sie gehörte zur Goethe-Gesamtschule. Müller bewarb sich dort als Hausmeister, aber da sich just eine verzweifelte Pädagogin aus dem Fenster gestürzt hatte, wurde er als Hilfslehrer im Problemkiez angestellt — Papiere bitte nachreichen. Eine Burleske war das, eine Schwejkiade, und sie handelte davon, wie ein Knacki mit Streberbrille das Schulsystem zum Besseren wendete.

Im Grunde kehrten Drehbuchautor und Regisseur Bora Dagtekin das Prinzip der Paukerfilme aus den 60er Jahren um. "Haut die Schüler in die Pfanne" hätte der Film auch heißen können: Zeki Müller überlistete die unregierbar scheinenden Chantals, plötzlich spielte der Lehrer die Streiche. Schwänzer holte er ins Klassenzimmer, indem er mit der Paintball-Pistole auf sie feuerte, und Disziplin forderte er ein, indem er sich derselben Phrasen bediente, die auch auf dem Schulhof gesprochen werden: "Chantal, heul leiser!". In "Fack Ju Göhte" wedelte der Schwanz mit dem Hund.

Am Anfang von Teil zwei ist noch alles so schön wie vor zwei Jahren: Zwischen Boshaftigkeit und Botschaft ist hier wenig Platz, und Stereotype werden ausgespielt, um sich über sie lustig zu machen. Uschi Glas, die einst in "Immer Ärger mit den Paukern" als Schülerin auftrat, ist als Lehrerin schon wieder überfordert. Katja Riemann ist immer noch Direktorin, und alle geben dem Klamauk etwas Augenzwinkerndes, wie man das aus US-Highschool-Filmen kennt. Die Pointen kommen in hoher Frequenz: "Aber du warst doch gerne Lehrer." — "Ja, weil ich keine Perspektive hatte." Oder: "Wir wissen beide, dass diese Praktikums keinen Sinn machen." — "Praktika." — "Nee, ich red im Plural." Oder: "Hast du ,Faust' gelesen?" — "Klar." — Was fandest du am besten?" — "Das mit dem Apfel." — "Boh, du hast es nicht mal gegoogelt, oder?"

Zeki Müller lebt mit seiner Kollegin Frau Schnabelstedt zusammen, er bleibt ein weiteres Jahr Lehrer, doch er hadert mit dem frühen Aufstehen. Die Rektorin will ein soziales Schulprojekt auf die Beine stellen, damit man das Schiller-Gymnasium überholt und an Fördermittel kommt. Also wird eine Exkursion geplant. Wohin? "Irgendwas mit Epidemien oder Katastrophen."

Weil Zeki Müller Beute-Diamanten aus dem Einbruch in einem Teddy versteckt hat, der indes in einem Spendencontainer für thailändische Kinder gelandet ist, organisiert er eine Klassenfahrt nach Südostasien. Über dem Indischen Ozean verliert der Film dann seine Balance, es wird krawallig und dumpf. Die Stärke von Teil eins war ja, dass man ihn so großartig zwischen Jux und Wahrheit austariert hatte: Er hatte ein großes Herz. Nun schreit Zeki Müller hauptsächlich herum, aus Überzeichnung wird Masche, und zwischendurch wird der Geschichte gar der Grund entzogen: Man weiß nicht mehr, warum die Schüler diesen Lehrer eigentlich so toll finden.

Wer die TV-Serien "Doctor's Diary" und "Türkisch für Anfänger" von Bora Dagtekin kennt, weiß, dass dieser Mann mit seltenen Talenten gesegnet ist: Er kann Dialoge schreiben, die sich anhören, als seien sie aus der Wirklichkeit geklaut. Der Türke Cem, der ebenfalls von M'Barek gespielt wurde, sagte in "Türkisch für Anfänger" zu dem deutschen Mädchen, das seine Stiefschwester wird: "Ich habe dich richtig gern. Nicht so wichsvorlagengern, sondern so tagebuchgern." Mehr Romantik ist unter diesen Vorzeichen nicht möglich.

Dieses Talent kann Dagtekin in "Göhte 2" nicht ausspielen, weil die in die Ferne verlegte Handlung so hanebüchene Wendungen nimmt. Das Klassenzimmer gab Teil eins den Rahmen, aus dieser Beschränkung entstand Großes. Teil zwei wird in Thailand zu einer überdrehten Nummernrevue ohne Dringlichkeit. Die Arglosigkeit ist futsch, jetzt bleibt nur noch Verbeamtung.

Immerhin scheint dann und wann der alte Witz durch. Wie der "Faust" denn sei, will Zeki Müller von einem Schüler wissen. Antwort: "Keine Ahnung, wer das geschrieben hat. Aber der war verrückt, der Reclam."

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