Eindringlicher deutscher Oscar-Kandidat

Das Drama "Zwei Leben" basiert auf wahren Begebenheiten. Es geht um eine Frau, die im Rahmen eines Nazi-Zuchtprogramms geboren wurde und später in die Fänge der Stasi geriet. Juliane Köhler spielt die Hauptrolle.

Es ist der Film, der für Deutschland ins kommende Oscar-Rennen geschickt wird: das Historiendrama "Zwei Leben". Regisseur Georg Maas inszeniert darin die Adaption des unveröffentlichten Romans "Eiszeiten" von Hannelore Hippe feinsinnig – Weltstar Liv Ullmann und ihre prominenten deutschen Kollegen Juliane Köhler und Ken Duken geben dem auf wahren Begebenheiten beruhenden Spielfilm darüber hinaus gediegene Klasse.

Der geschickt durch die Zeiten eilende Film erzählt die Lebensgeschichte von Katrine (Juliane Köhler). Geboren wurde sie im Rahmen des Menschenzuchtprogramms "Lebensborn" der Nazis als Tochter eines Deutschen und einer Norwegerin. In einem Kinderheim aufgewachsen, geriet sie später in die Fänge der DDR-Geheimpolizei und arbeitete als Spitzel. Über Jahrzehnte hat Katrine niemandem etwas davon erzählt. Doch das Lügengespinst, das sie um ihre schrecklichen Geheimnisse gewoben hat, wird zerrissen.

Die norwegisch-deutsche Koproduktion reflektiert eine der dunklen Hinterlassenschaften der Hitlerdiktatur: Nach dem Überfall Nazi-Deutschlands 1940 auf Norwegen wurden in Zuchtheimen der Organisation "Lebensborn" mehr als 10 000 Kinder von deutschen Besatzungssoldaten und norwegischen Frauen gezeugt. Katrine ist eines dieser Kinder.

Nicht genug damit, denn der Film spiegelt dazu auch noch das Grauen des Stasi-Spitzelsystems in der DDR wieder: Katrine, aufgewachsen in einem Heim, verfängt sich in diesem menschenverachtenden System. Jahrzehntelang kann sie ihre Vergangenheit zwar verschleiern. Doch als ein junger Mann (Ken Duken) die Schatten der Vergangenheit beleuchtet, muss sie sich der eigenen Geschichte stellen.

Das geschickte, auf Spannung und Gefühl gleichermaßen setzende Drama spiegelt neben dem persönlichen Schicksal der Hauptfigur wesentliche Momente der deutschen Historie des 20. Jahrhunderts. Genau das gibt dem Film Gewicht. Weil Privates und Gesellschaftliches klug miteinander verschränkt sind, wirkt das Geschehen nie aufgesetzt oder konstruiert. Rutscht die Story gelegentlich doch einmal gefährlich in die Nähe von oberflächlicher Sentimentalität, lassen einen das die erstklassigen Schauspieler gern übersehen – vor allem gegen Ende, wenn der Mann seine Frau fragt, ob sie auch ihn bespitzelt habe. "Nein", sagt sie, und man weiß nicht so recht, ob man ihr trauen kann, noch immer nicht.

Die deutsche Auswahlkommission für die Oscar-Verleihung im März nächsten Jahres zeigte sich derart beeindruckt, dass sie "Zwei Leben" als Kandidat ins Rennen um den begehrtesten Filmpreis der Welt schickt.

Am 16. Januar wird bekanntgegeben, ob die US-Filmakademie das zwischen Spionagefilm und Familienmelodram changierende Werk auch tatsächlich für die Endrunde nominiert. Im Mai dieses Jahres gewann das Drama bereits eine Auszeichnung: Beim Festival of German Films in Australien gab es den Publikumspreis. llll

(dpa)
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