„Edison – ein Leben voller Licht“ Erfinder im Wettstreit

„Edison – ein Leben voller Licht“ zeigt den Pionier der Telefon- und Elektrotechnik auf ästhetisch ansprechende, aber plakative Weise.

 Michael Shannon (l.) spielt George Westinghouse, den unternehmerisch begabten Konkurrenten von Thomas Edison (r., Benedict Cumberbatch).

Michael Shannon (l.) spielt George Westinghouse, den unternehmerisch begabten Konkurrenten von Thomas Edison (r., Benedict Cumberbatch).

Foto: dpa/-

Eine ganze Zugladung schwerreicher Investoren aus New York hat Thomas Edison mitten in der Nacht nach Menlo Park in New Jersey herbeizitiert. Die Lok hält quietschend in der Pampa an. Die Herren wandeln in feinstem Zwirn durch matschige Wiesen, wo der berühmte Erfinder sie mit Zigarre im Mundwinkel wie ein Messias empfängt. Auf sein Zeichen hin wird der Schalter umgelegt und um ihn herum leuchten an die 100 Lampen in konzentrischen Kreisen. Kein Zweifel – Edison (Benedict Cumberbatch) weiß, wie er sich und seine Erfindung ins richtige Licht setzt. Denn seine Glühbirne, da ist er sich sicher, wird die ganze Welt erleuchten.

Aber 1880 geht erst einmal darum, die USA zu elektrifizieren. Der von Edison verwendete Gleichstrom überwindet keine großen Distanzen. Jeder Dynamo kann nur eine begrenztes Terrain versorgen, wodurch die Elektrifizierung des Landes kostspielig werden kann. Edison ist ein genialer Erfinder, aber kein Geschäftsmann und zudem ein Mensch mit Prinzipien: „Das einzige Gerät, das ich nie bauen werde, ist eines, das einen Menschen tötet“ sagt er und schlägt die Millionenofferten der Rüstungsindustrie aus.

Konkurrent George Westinghouse (Michael Shannon) in Pittsburgh setzt mit seinem Unternehmen auf Wechselstrom, der über eine größere Reichweite verfügt, wodurch ein landesweites Netz deutlich billiger werden könnte. Zwischen den Pionieren entwickelt sich ein Wirtschaftskrieg über die Vorherrschaft auf dem Strommarkt. Edison ist fest überzeugt, dass Wechselstrom zu gefährlich ist. Zum Beweis setzt er ein Pferd unter Wechselstrom, das vor den Augen der Presse tot umfällt. Dies wiederum weckt das Interesse des Ingenieurs Southwick Brown, der auf der Suche nach einer „humanen“ Exekutionsmethode durch Elektrizität ist. Um Westinghouses Modell zu diskreditieren, wirft Edison seine humanistischen Prinzipien über Bord und hilft als geheimer Berater bei der Entwicklung eines mit Wechselstrom betriebenen elektrischen Stuhls.

Ursprünglich hatte Drehbuchautor Michael Mitnick „Edison“ als Bühnenmusical geplant, und das schimmert auch noch durch Alfonso Gomez-Rejons Kinoversion des Stoffes. Mit kräftigen Pinselstrichen werden hier die Kontrahenten und das Erfindermilieu des frühen 19. Jahrhunderts gezeichnet. Äußerst plastisch werden die Figuren des eitlen Genies Edison und des planvollen Unternehmers Westinghouse charakterisiert und aufeinander losgelassen.

Dabei scheint sich Regisseur Gomez-Rejon („Ich und Earl und das Mädchen“) mit dem umtriebigen Erfinder auf Augenhöhe bewegen zu wollen. Mit gewagten Schnittkombinationen und Kameraakrobatik versucht er das staubige Biopic-Genre durch ästhetische Spielereien aufzufrischen. Das entwickelt eine gewisse visuelle Strahlkraft, führt aber auch zu einer etwas plakativen Charakterisierung der Figuren, die einen seltsam unberührt lassen. Aus dem Stoff hätte man eine interessante Studie über die zerstörerischen Folgen männlichen Konkurrenzverhaltens entwickeln können, das eben das Geschäft nicht immer belebt, sondern sehr viel häufiger konstruktive Lösungen und Kompromisse verhindert. Kaum auszudenken, was Edison, Westinghouse und Tesla als Team auf die Beine hätten stellen können. Aber zum Genie gehört eben zumeist auch ein übergroßes Ego, was für den Fortgang der Menschheitsgeschichte nicht immer förderlich ist. Diesbezüglich fehlt es dem historischen Entdeckerspektakel „Edison“ bei aller forcierten Unterhaltsamkeit an analytischem Forschergeist.

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